Veröffentlicht in Bildung

Die Angst vor dem Absturz

Frau A. kommt in die Sprechstunde von Prof. C. Sie ist äußerst beunruhigt: ihr 12-jähriger Sohn schlafe in letzter Zeit sehr schlecht; er habe wiederkehrende Träume, in denen er an einem Abgrund stehe und springen müsse. Sie und ihr Mann seien sehr beunruhigt und wissen nicht, was sie tun sollen.

Was tut man als Lehrer und Klassenvorstand da? Vermittlung an die schulpsychologische Beratung?

Prof. C verspricht, mit dem Sohn zu sprechen. Er sagt, er kenne das Gefühl, an einem Abgrund zu stehen und den Sog nach dem Sprung zu spüren. (Dieses Gefühl kennen viele Menschen.)

Nach der nächsten Schulstunde bittet Prof. C den Sohn von Frau A. zu sich. „Deine Mutter war bei mir; sie hat mir erzählt, dass du schreckliche Träume hast, in denen du an einem Abgrund stehst und du hast Angst, dass du springen musst. [Der 12-Jährige nickt.] Ich kenne das. Ich hab das auch gehabt. Und ich kann dir sagen: du musst nicht springen.“ – „Sie kennen das?“ – „Ja. Und wie gesagt: du musst nicht springen. Niemand zwingt dich.“

Zwei Wochen später bedankt sich Frau A. überschwänglich. Die Träume haben nachgelassen; ihr Sohn fürchtet sich auch nicht mehr.

6 Jahre später maturiert der junge Herr A.

 

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