Veröffentlicht in Bildung, Politik

Anonymität im Netz?

Die „Wahrheit über Sebastian Kurz“ war gegen Ende des Nationalratswahlkampfs ein Thema. Die Facebook-Seite mit Verunglimpfungen von Kurz schien aus der SPÖ bestellt worden zu sein; als sich herausstellte, wie patschert sich die SPÖ dabei anstellte, hat ihr das geschadet. Nun stellt sich heraus, dass „Die Wahrheit über Christian Kern“ aus dem Umfeld der ÖVP kam.

Früher benötigte man für eine web site ein „Impressum“ – wie für jedes gewöhnliche Medium auch. Nein, nicht früher. Auch heute noch ist ein Impressum nötig. Das österreichische „E-Commerce-Gesetz“ (ECG) verlangt in seinem § 5:

§ 5.
(1) Ein Diensteanbieter hat den Nutzern ständig zumindest folgende Informationen leicht und unmittelbar 
zugänglich zur Verfügung zu stellen:
1. seinen Namen oder seine Firma;
2. die geografische Anschrift, unter der er niedergelassen ist;
3. Angaben, auf Grund deren die Nutzer mit ihm rasch und unmittelbar in Verbindung treten können, einschließlich 
seiner elektronischen Postadresse;
4. sofern vorhanden, die Firmenbuchnummer und das Firmenbuchgericht;
5. soweit die Tätigkeit einer behördlichen Aufsicht unterliegt, die für ihn zuständige Aufsichtsbehörde;
6. bei einem Diensteanbieter, der gewerbe- oder berufsrechtlichen Vorschriften unterliegt, die Kammer, den 
Berufsverband oder eine ähnliche Einrichtung, der er angehört, die Berufsbezeichnung und den Mitgliedstaat, in dem diese verliehen worden ist, sowie einen Hinweis auf die anwendbaren gewerbe- oder berufsrechtlichen Vorschriften und den Zugang zu diesen;
7. sofern vorhanden, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.

(2) Sofern in Diensten der Informationsgesellschaft Preise angeführt werden, sind diese so auszuzeichnen, dass sie ein durchschnittlich aufmerksamer Betrachter leicht lesen und zuordnen kann. Es muss eindeutig erkennbar sein, ob 
die Preise einschließlich der Umsatzsteuer sowie aller sonstigen Abgaben und Zuschläge ausgezeichnet sind (Bruttopreise) oder nicht. Darüber hinaus ist auch anzugeben, ob Versandkosten enthalten sind.
(3) Sonstige Informationspflichten bleiben unberührt.

Das ist die österreichische Regelung; in Deutschland und in der Schweiz ist das ähnlich. Auch in der EU, nicht wirklich ganz in den USA.

Man findet sehr viele web sites, die sich dran halten. Ein Impressum ist ein Seriositätsmerkmal. Aber kaum eine Facebook-Seite hält sich dran, schon gar nicht im Wahlkampf. Ich denke, hier hinkt die Gesetzgebung der Technik nach. Früher, „vor Web 2.0″, musste man einiges an Gehirnschmalz oder an Geld oder an beidem investieren, um eine web site zu erstellen. Mit dem Aufkommen von „Web 2.0“, der sogenannten (a-)sozialen Medien (wie Facebook, YouTube, Instagram und wie sie alle heißen), sollte jeder Mensch leicht eine web site erstellen können.

Aber das Gesetz ist eigentlich moderner als es exekutiert wird. In § 3 definiert es einen „Dienstanbieter“ als „eine natürliche oder juristische Person oder sonstige rechtsfähige Einrichtung, die einen Dienst der Informationsgesellschaft bereitstellt“.

Man kann das so interpretieren, dass jemand, der nur persönliche, private Daten veröffentlicht, kein Impressum braucht. So wird das auch verstanden; da hab ich auch nix dagegen; die können alle gern „anonym“ sein (echte, wirkliche Anonymität gibts im Internet sowieso praktisch nicht.) Aber alle diese asozialen web sites, die nur für den Wahlkampf gemacht worden waren, die hätten nach geltender Gesetzeslage ein Impressum gebraucht. Die waren „Diensteanbieter“ im Sinn des ECG.

Ich finde, das müsste man einklagen. Viel leichter einklagbar machen. Auf EU-Ebene. Mit gesalzenen Geldstrafen. Wer ein Medium macht, muss per Impressum dafür gerade stehen.

Lit.: c’t-Artikel zu Impressa, die deutsche Rechtslage, nicht sehr anders als in Österreich

Subscribe
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments