Veröffentlicht in Bildung, Politik

Rekrut gestorben? „Haltlose Anschuldigungen“

Nein, ich will kein Menschenopfer. Von mir aus muss kein Bundesheeroffizier entlassen werden. Aber wenn bei einem Marsch im Training der Garde ein Rekrut an Überhitzung stirbt und man danach keinen Fehler feststellen kann, dann ist etwas gravierend faul mit diesem Bundesheer, mit dieser Garde. Das kann und darf kein „Normalfall“ sein. Ja, ich weiß: ein General Höfler hat bereits festgestellt, dass so etwas in jeder Armee üblich sei. Ja, ich weiß: in jedem Heer gibt es Schinder als Offiziere. Aber das muss man bekämpfen. Ein modernes, demokratisches Heer ist möglich.

Bericht in der heutigen ZiB 20: Das Bundesheer „weist alle Vorwürfe von sich“; „in einem vorläufigen Bericht einer heeresinternen Untersuchungskommission ist von haltlosen Anschuldigungen die Rede“. Aber: „Kollegen des Verstorbenen hatten von Quälereien und Schikanen berichtet“. Aber wiederum: „All das entbehre jeder Grundlage“.

Im Bericht heiße es, Behauptungen, schon am Vortag seien 20 Rekruten bewusstlos geworden, seien „haltlos. Die Vorgesetzten hätten sich korrekt verhalten.“ Das glaub ich gleich: da waren maximal 19 bewusstlos; vielleicht auch nur 3. Aber niemals 20.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums entschuldigt noch den Kommandanten: er habe Vieles gemacht, um den Marsch zu erleichtern. Kein Zeitlimit vorgegeben. (!) Pausen angeordnet. (!) Und dann ein besonders interessanter, verräterischer Satz: „Die Kommission hat festgelegt: das war umfassend, das war zeitgerecht, und das war richtig.“

Aha: die Kommission hat das „festgelegt“. Nicht „festgestellt“, nein: „festgelegt“. Ja wenn man das so einfach festlegen kann? Zwischen feststellen und festlegen gibt es große Unterschiede. feststellen heißt: mit Verstand wahrnehmen, dass etwas so und so ist. festlegen dagegen heißt: vereinbaren, dass man etwas so und so darstellt.

Ich nehme an, der Presseoffizier hat sich nicht versprochen; er sagt die Wahrheit.

Bei den Befragungen der Rekruten seien „keine direkten Vorgesetzten“ anwesend gewesen. Das glaub ich sofort: da waren sicher nur indirekte Vorgesetzte anwesend.

(Ich hab das Video aus der ZiB 20 abgespeichert. Der Bericht kann sehr gut gegen den Strich gelesen werden. Ich kann ein genaues Transkript liefern. Wesentliche Teile sind eh schon da.)

Das stinkt zum Himmel. Es sind hier gravierende Fehler passiert. Der Tod eines Grundwehrdieners darf kein Normalfall sein. Zu fordern ist: Rekruten sollen ohne die Anwesenheit von (direkten oder indirekten) Vorgesetzten aussagen können. Die Kommission hat nicht „festzulegen“, sie soll den Sachverhalt objektiv feststellen. (Wenn denn die Herren Offiziere dazu in der Lage sind.)

Allerdings ermittle die Staatsanwaltschaft Krems weiter wegen fahrlässiger Tötung. Offenbar sind zivile Gerichte nötig; auf das Bundesheer kann man sich offensichtlich nicht verlassen.


Lit.: Garde – brauchmades?
Hier im Blog vom 16.8.2017

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