Veröffentlicht in Bildung, Politik

Tiroler Imagepflege

Einhellige Bemühungen um die Rettung eines wohlerworbenen Rufs

Im Moment, in dem ich das schreibe, weiß ich noch nicht, wie die Corona-Pandemie und ihre Bekämpfung in Tirol weitergeht. Das Bundesland Tirol hat sich bereits in der ersten Welle einen Ruf erworben, indem man über Ischgl – und wir wollen nicht ungerecht sein: auch über andere Ski- und Apres-Ski-Orte – das Virus in Europa gestreut hat. „Ischgl“ steht seither für eine bestimmte Art der gewollten Blindheit, des gezielten Hinwegsehens von Gefahren, damit möglichst lange ungehindert Geschäft gemacht wird.

Nun sind wir in der Zweiten Welle und wir haben nach Tirol die britische Viren-Variante B.1.1.7 eingeflogen – über scheinbare „Schilehrerausbildungskurse“, die in Wirklichkeit wohl an sich untersagte touristische Aufenthalte waren. Außerdem haben wir – ausgehend vom Zillertal – vor allem im Bezirk Schwaz die südafrikanische Variante B.1.351; offenbar importiert über Urlaubsaufenthalte von Touristikern in Südafrika. Es schwirren verschiedene Zahlen herum; der Ausbreitungsgrad beider Varianten wird gerade erforscht; die Virologin der Medizinischen Universität Innsbruck plädiert für Maßnahmen, die die Viren in Tirol halten, also für Grenzschließungen, denn die südafrikanische Variante könnte in der Verbreitung schneller, in der Wirkung gefährlicher und in der Bekämpfung (durch Impfungen) deutlich schwieriger sein.

Walser. Zangerl. Platter.

Der Wirtschaftskammerpräsident Walser, der Arbeiterkammerpräsident Zangerl, natürlich der Landeshauptmann Platter und mit ihm diverse andere ÖVP-Größen, die mehr oder weniger mit der Tourismuswirtschaft zu tun haben, machen sich öffentlich „für Tirol“ stark. Walser droht, man werde bei Maßnahmen, die „die Wirtschaft“ einschränken, dafür sorgen, dass man die Tiroler „kennen lernt“; Zangerl fordert bei Extra-Pandemie-Maßnahmen für Tirol die Umleitung aller Impfstoffe nach Tirol – unabhängig davon, dass Südafrika den Wirkstoff von AstraZeneca gerade aussetzt, weil er offenbar gegen die südafrikanische Mutante kaum schützt.

Man sieht: die Herren arbeiten bereits gezielt an der Rettung des Rufs, den sich Tirol im letzten Jahr aufgebaut hat. Walsers Drohung, man werde die Tiroler kennen lernen, ist eine leere: man hat die Tiroler bereits kennen gelernt. Und die Forderung, überhaupt nur mehr in Tirol zu impfen, ist an Wahnsinn und Widersinn kaum mehr zu überbieten – aber vermutlich auch nicht wirklich ernst gemeint. Zangerl macht offensichtlich noch Späße.

Kämpfen Walser und Zangerl (und Platter und die ÖVP) „für Tirol“? Ich glaube nicht; ganz im Gegenteil: die Herren sind auf dem besten Weg, den Ruf des Landes endgültig und auf Dauer zu ruinieren. Sie kämpfen um ihre Positionen.

Ob das reicht?

Nun doch noch die „letzte Meldung“ in ORF online: es gibt offenbar noch keine Vereinbarung mit dem Gesundheitsministerium, aber Tirol setze nun selbst Maßnahmen: Appelle an die TirolerInnen, „Mobilitätseinschränkungen“ selbst vorzunehmen, Antigen-Tests (offenbar „Nasenbohrertests“) bei Seilbahnen und „flächendeckende PCR-Tests in Bezirken mit hoher 7-Tage-Inzidenz“.

Ob das hilft? Wenn ja: Schwein gehabt. Wenn nein – ist der Ruf völlig ruiniert.

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Whisker
Whisker
3 Jahre alt

> Walsers Drohung, man werde die Tiroler kennen lernen, ist eine leere: man hat die > Tiroler bereits kennen gelernt. Naja, abgesehen davon ist die Drohung Walsers schlichtweg kabarettreif. Denn Walser mag als Präsident der Tiroler WK vielleicht hierzubundeslande eine große Nummer sein – aber außerhalb von Tirol ist er dann halt am Ende doch nur quasi der „König eines Ameisenhügels“, der nur sich selbst lächerlich und die eigene Selbstüberschätzung öffentlich macht, wenn er solchen doch recht leicht durchschaubaren Theaterdonner absondert. Wobei ich mir auch vorstellen kann: dass es Walser bei dem Sager vielleicht sogar egal war, wie der außerhalb… Mehr »