Selbstversuch
Mein „Selbstversuch ohne Handy“, der am 29. April begonnen hatte (beginnen musste) und den ich am 3. Mai kommentiert habe, ist abgeschlossen. Seit gestern, 10. Mai, habe ich wieder ein Smartphone: es ist ein Fairphone 5 geworden. Der Versuch hat also gerade einmal 12 Tage gedauert.
Dabei war die Zeit recht gemütlich. Ich habe ganz schnell und gut gelernt, ohne ein Handy zu sein. Das geht; es ist gar nicht schwer. Es hat ein paar lästige Momente gegeben: ich wollte etwas überweisen und meine Bankensoftware fordert da von mir eine Art PIN oder TAN für jede Überweisung, die ich ins Handy eingeben musste. Überweisungen fanden in den letzten beiden Wochen also nur statt, wenn sie als Daueraufträge langfristig geplant waren. Bargeld wurde wieder wichtiger: der Bankomat war vom Handy-Ausfall nicht betroffen. (Auch elektronische Unterschriften wären nicht möglich gewesen; ich hab aber keine gebraucht.)
Ein kurzer Schreckensmoment fiel an, als ich bemerkte, dass eine Datei auf meinem alten Handy nicht mehr erreichbar war: damit wären überhaupt sehr viele Datenzugänge neu zu definieren gewesen. Ich sichere aber wichtige Daten einigermaßen zuverlässig und bin draufgekommen, dass alle Zugangsdaten noch ein zweites Mal in einem anderen Format da waren. Allerdings bin ich auch draufgekommen: die Zugangsdaten allein machen es nicht aus: man muss die Zugänge tatsächlich neu definieren, denn eine Bankensoftware merkt z.B., dass sich das Endgerät geändert hat und verweigert zunächst die Kooperation. Ich muss also doch zur Bank bzw. muss ich auf ein Schreiben der Bank warten.
Lernprozesse
Was ich gelernt habe: dass das Sichern wichtiger Daten sehr wichtig ist. Das ist mir an sich nicht neu, aber der Lernprozess hat vorhandene Kenntnisse durchaus aufgefrischt. Ich konnte also relativ ruhig meinem kaputten Handy zuschauen, wie es keine Daten mehr anzeigte. Es entstanden ruhige Tage; ich glaub, die haben mir letztlich gut getan. Nicht auszudenken, wenn mein altes Handy Daten enthalten hätte, die unersetzbar gewesen wären.
Ich hab gelenrt, dass mein Handy, das ich ca. 2018 erworben habe, mit einem Alter von nicht einmal 7 Jahren sozusagen „uralt“ war. Voll funktionstüchtig – bis zum Abschied, aber uralt. 2018 war es – laut einem Kollegen – das „modernste und coolste im ganze Lehrkörper“; 2025 aber „lebender Schrott“ sozusagen: mit dem Ablaufdatum „jederzeit“ bzw. „bereits überschritten“.
Ich hab gelernt, dass ein Handy einfach durch Hinlegen kaputt werden kann. Es braucht keinen Fall, kein Fallenlassen. Auf einen Tisch legen kann schon reichen: die Dinger sind manchmal sehr sensibel. Vor allem, wenn sie schon „uralt“ sind. (Vielleicht war der Ausfall meines Handy einfach ein Fall „geplanter Obsoleszenz“.)
Das Fairphone
Mein neues Smartphone ist ein Fairphone 5. Die Installation war nicht ganz einfach und hat mich beschäftigt. Es gibt kaum gut lesbare Installationsanleitungen, aber Videos, die man sich ansehen kann. Ich lese aber lieber genaue Texte. Mein neues Handy hat keine „Schublade“ für den SIM-Modul: man muss die Rückabdeckung abnehmen, was unangenhem knackend klingt. Dann sieht man auf dem Video auch nicht, wo man den SIM genau montieren muss: unter den Akku-Kontaktstiften oder drüber. Drunter ging es nicht; drüber schon. Und so weiter. Ich hab mich durchgekämpft.
Ich habe anhand von ihm gelernt, dass es keinen wirklich zuverlässigen Weg zu einer sozial und ökonomisch fairen Produktion von Telefonen gibt, weil sich die globalen Lieferketten immer wieder überschneiden und überlagern und Materialien vermischen. Ich kann nicht sicher sein, dass alle die Zinn-, Wolfram- und Nickelatome (usw.) in meinem Handy aus einer sozial unbedenklichen Produktion oder gar aus einem sozial unbedenklichen Bergbau stammen – aber ein gewisser Prozentsatz „im Schnitt“ schon. Und ich hoffe, dass die Versuche meines Produzenten, in die globalen Lieferketten lenkend etwas einzugreifen, nicht völlig umsonst sind.
Was mein neues Handy jedenfalls ist: es ist modular. Mein „altes“ ist jetzt vermutlich zur Gänze Elektro-Schrott; mein neues besteht i.W. aus 5 Bauteilen, von denen jeder gesondert ersetzbar ist – bzw. sein soll. Schon das ist ein Fortschritt.
Schreibe einen Kommentar