„Reißeck II plus“ in Betrieb
Der ORF berichtet unter dem Titel „Pumpspeicher Reißeck II plus in Betrieb“, dass der Verbund ein neues Speicherkraftwerk in Betrieb genommen hat. Das ist an sich nichts besonderes; wir haben da schon recht viele in Österreich. Relativ unglücklich bin ich mit der Beschreibung des Zwecks:
Da heißt es:
Anders als etwa Laufkraftwerke können Speicherkraftwerke Strom speichern. Am Montag war es so sonnig, dass zu viel Strom durch Photovoltaikanlagen erzeugt wurde. Mit dem Pumpspeicher Reißeck II plus wird dieser Überschuss aus dem Netz genommen und erst dann wieder abgegeben, wenn er gebraucht wird.
Naja.
1. Speicherkraftwerke speichern zunächst nicht Strom, sondern Wasser: in einem Speichersee. Wenn man Strom braucht, kann man sehr schnell dieses Wasser durch Leitungen auf Turbinen schicken und damit Strom erzeugen. Insofern ja: das gespeicherte Wasser ist auch so etwas wie gespeicherter Strom.
2. „zu viel Strom durch Photovoltaikanlagen“ – das ist eigentlich Unsinn. Strom ist nie zu viel: es gibt höchstens momentane Überangebote. Man muss den Strom halt speichern, und das ist nicht ganz easy. Aber auch dafür sind Speicherkraftwerke eine Lösung: man pumpt mit dem überflüssigen Strom das Wasser wieder hinauf in den See.
3. Das Speicherkraftwerk Reißeck II plus „nimmt also überflüssigen Strom nicht aus dem Netz“, sondern es verwendet ihn, indem es mit ihm das Wasser wieder hochpumpt – um es später wieder runterlassen zu können.
Das wäre das Prinzip.
Feinabstimmung ist aber nötig
Mir ist schon klar, dass das eine subtile Abstimmung zwischen Stromproduzenten und Stromverbrauchern benötigt; das geht, weil Speicherkraftwerke beide Rollen spielen können: sie können produzieren und verbrauchen (um dann wieder produzieren zu können). Wir sind gesellschaftlich so weit, dass wir auch ohne fossile Treibstoffe i.W. genug Strom erzeugen können, aber nicht unbedingt immer dann, wenn er gebraucht wird. Es braucht also große Stromspeicher – man kann sie sich auch als riesige Akkus vorstellen – und auch entsprechend lange und schnelle Leitungen. Ein Speicherkraftwerk wie „Reißeck II plus“, das die Kraftwerksgruppe Malta-Reißeck nun zur „leistungsstärksten in ganz Österreich“acht, ist da ein wichtiger Stein im europäischen Strommosaik.
Wasserspeicherkraftwerke sind schon seit vielen Jahren praktikable Speicher für Wasser bzw. Strom; seit einigen Jahren wurden und werden auch andere Speichertechnologien entwickelt. Die Erfolge sind vielversprechend; vielleicht können wir uns im Zeichen des Naturschutzes und der Artenvielfalt in Zukunft einige riesige Speicherkraftwerke sparen.
früher in der Schule
Wir haben das früher sogar in der Schule gelernt: dass unsere Speicherkraftwerke teuren „Spitzenstrom“ liefern, wenn in Deutschland Millionen Küchenherde eingeschaltet werden, und dass wir mit der dauernd laufenden, „billigen“ Stromproduktion aus Atomkraftwerken dann das Wasser wieder hinaufpumpen. Mittlerweile hat Atomstrom ausgedient: er ist durch nachhaltigen Strom aus Photovoltaik und Windkraft mehr als ersetzt worden. Ja, wir sind große Schritte weiter gekommen.
Das haben noch nicht alle kapiert. In den USA gibt es einen, der weiter nach Öl & Gas bohren will: „drill, baby, drill“. Aber den nimmt eigentlich niemand mehr ernst.
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Noch ein guter Beitrag zum Thema: Luise Rau (2025): Hellbrise: Kann zu viel Strom ein Problem werden? In: Utopia.de vom 1.6.2025
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