Moskau bedroht?
Der ukrainische Präsident Selenskiy droht Russland mit Drohnenangriffen auf Moskau bzw. den Kreml, berichtet der deutsche Tagesspiegel – und fragt gleich: „Aber wie realistisch wäre ein ukrainischer Angriff überhaupt?“
„Der Kreml“ spricht in Person des Sprechers Peskow von einer „unverantwortlichen Aussage“; er nimmt die Drohung also ernst. Ja, die Ukraine hat schon mehrfach erfolgreich Anschläge auf Ziele in der Tiefe Russlands verübt; ich denke nur an Sprengungen von Öllagern. Offenbar ist die Ukraine logistisch in der Lage, auch weit jenseits der Front grobe Schäden in Russland zu verursachen – wie auch Russland weit jenseits der Front durch tägliche bzw. nächtliche Bombardierungen das Innere der Ukraine bedroht. Man steht sich da qualitativ gleichwertig gegenüber; quantitativ hat Russland deutlich mehr Möglichkeiten.
Strategiewechsel
Die Drohung Selenskiys weist auf einen Strategiewechsel hin. Der Krieg dauert nun schon über 1.300 Tage oder mehr als dreieinhalb Jahre – und er ist „stationär“ geworden. Die Front bewegt sich in Summe kaum von der Stelle; nach einigen Gebietseroberungen Russlands im Norden der Ukraine hat die Ukraine das alles zurückerobert; seit Ende Mai 2023 hat es kaum mehr größere Gebietsgewinne für beide Seiten gegeben. (Man sieht das gut auf einer interaktiven Karte des Tagesspiegels, auf der der Kriegsverlauf vermutlich sehr gut dokumentiert ist.)
Es sind in den letzten Jahren – und schon seit der Annexion der Krim durch Russland am 18.3.2014 – unendlich viele letztlich sinnlose Menschenopfer (und enorme materielle Schäden) vor allem in der Ukraine angerichtet worden. Trotz des Verlusts tausender Menschenleben ist der Krieg erstarrt. Der sich als Vermittler anbietende US-Präsident Trump (2.0) hat nichts erreicht: nichts! Nicht als „Erzieher“ Selenskiys im Oval Office (am 28.2.2025) noch als „Freund“ Putins in Alaska (am 15.8.2025); zuletzt wechselte er wieder einmal die Seite, indem er die gesamte Rückeroberung des besetzten Teils der Ukraine zur realistischen „Option“ erhob. (Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr!)
Sukkus
Es ist da zwar irgendwie logisch, die Strategie zu wechseln. Zu „Bombardierst du mein Hinterland, bombardiere ich deines“. „Fortschritt“ ist das keiner, denke ich. Wir brauchen einen Waffenstillstand und einen Frieden; wir brauchen also ernsthafte Sanktionen gegenüber der Aggression Russlands und wir brauchen Diplomatie. Für beides ist Trump 2.0 kein sicherer Partner.
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