Der Rapport
Der US-Kriegsminister – ja, so soll das jetzt heißen; offiziell ist es noch nicht – Hegseth hatte praktisch alle US-Generäle und Admirale zu einem Treffen nach Virginia „eingeladen“ bzw. beordert. Im Vorfeld war wenig bekannt geworden, worum es gehen sollte.
Es wurde schnell klar: der Kriegsminister erinnerte die Anwesenden an einen alten „römischen“ Grundsatz: „si vis pacem para bellum“: „Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor“. Hegseth ersparte den Generälen allerdings die lateinische Originalfassung. Ja, er bekenne sich dazu, Frieden zu wollen, aber wer Frieden wolle, müsse Krieg vorbereiten. Und dann begann eine zugespitzte Scharfmacherei gegen alles, was Hegseth offenbar störte.
Trump 2.0 machte danach klar, wo er den Feind sieht: vor allem „im Inneren“. Städte wie Washingten, San Francisco, Chicago, Portland, Los Angeles u.a.m. seien sehr unsichere Orte; er wolle sie mit dem Militär „befrieden“. Einige der Anwesenden seien davon betroffen. Man könne die Städte als Übungsgelände für Truppen sehen.
Das ist an sich eine Ankündigung eines Bürgerkriegs. Das Pentagon wurde bereits – noch inoffiziell! – vom Department of Defense zum Department of War; ab nun gehört zum Krieg auch der Bürgerkrieg dazu. Das Ministerium dazu scheint es schon zu geben.
Die Generäle hörten schweigend mit eisigen Mienen zu.
Was will Trump 2.0 wirklich?
Will er den Bürgerkrieg? Damit wäre er vermutlich nicht mehrheitsfähig: ich bin mir sicher, dass die übergroße Mehrheit der Bürger:innen der USA keinen neuen Bürgerkrieg will. Allerdings kann Trump 2.0 ja an sich sowieso nicht wieder als Präsident kandidieren: der 22. Verfassungszusatz (erstellt 1947, gültig seit 1951) verhindert das. Aber er sieht trotzdem eine Möglichkeit: ein Krieg. Während eines Krieges wird man ungern wählen – obwohl der 22. Verfassungszusatz da keine Ausnahme macht. Aber man könnte versuchen, durch Aberkennung von Mandaten und Entzug von Wahlrechten zu den entsprechenden Mehrheiten zu kommen: der Nationalsozialismus hat das vorgemacht.
Für einen Krieg kommen viele Gegner in Frage: Panama wegen des Kanals, Venezuela wegen Drogen, aber das sind alles „kleine“ Gegner; die würden den 22. Verfassungszusatz in den Augen der Wähler:innen noch nicht aushebeln. Den wirklichen Gegner baut sich Trump 2.0 offenbar nun „im Inneren“ auf.
Er baut da auf Gefühle der Unsicherheit. Jedes school shooting, jedes politische Attentat kann dazu dienen, in einem waffenstarrenden Land weitere Angst zu schüren und weitere Bewaffnung zu fördern.
„si vis pacem para bellum“
„Wenn du Frieden willst, bereite Krieg vor.“ Ein sehr alter Grundsatz, über den man nachdenken sollte. Welchen Frieden wollen wir; welchen Krieg nehmen wir in Kauf? Da hat sich seit dem Römischen Reich vielleicht doch einiges geändert.
a) Frieden als nachbarschaftliche Koexistenz
Das kann ein Frieden der Koexistenz sein: wir respektieren einander, wir sehen uns als gleichberechtigte Nachbarn und wollen in Frieden leben. Dann müssen wir die Nachbarschaft pflegen und uns allenfalls auf einen einseitigen Bruch dieser Nachbarschaft vorbereiten; wir brauchen sichere Mauern und Fenster und eventuell eine Möglichkeit, uns im Notfall zu verteidigen. Wir brauchen aber keine Angriffswaffen, wir brauchen bloß eine entsprechende Verteidigung.
So einen Frieden gab es (anngenähert) in Eurasien seit den Zeiten der „Entspannungspolitik“ zwischen der Sowjetunion und der wachsenden EU und den USA. Mit Russland und Putin hat sich das nach und nach geändert. Auch das wirtschaftliche Wachstum Chinas hat Gewichte verschoben. Und die EU und die USA sind von Nachbarn zu Konkurrenten geworden.
Die Europäer müssen verstehen, dass für die Amerikaner das liberale demokratische Europa, das wirtschaftlich erfolgreich ist, zu einem systemischen Rivalen wird. So wie eine erfolgreiche Ukraine ein Dorn im Auge von Putin ist. So wie Taiwan ein Dorn im Auge von Xi Jinping ist. Ein erfolgreiches liberales demokratisch-republikanisches Europa wäre eine permanente Gefahr für den Trumpismus, der unter anderem vom Antiliberalismus lebt. Man muss aufhören, diese Regime noch weiter als Verbündete zu sehen.
(Aus einem Interview des ZDF mit dem deutsch-amerikanischen Ökonomen Rüdiger Bachmann.)
b) „Frieden“ als Beherrschung
Es kann aber auch um einen sogenannten „Frieden“ der Ausbeutung, der Beherrschung gehen. Dann wollen wir keine Nachbarschaft, sondern unsere Herrschaft. Wir wollen in Ruhe, „friedlich“ regieren; die anderen sollen „friedliche“ Untertanen sein.
Dann muss man Krieg als Angriff vorbereiten. Man braucht dazu eine andere Ausrüstung.
Sukkus
Ich denke, für „mein“ Europa reicht ein Frieden in guter Nachbarschaft – mit allen. Wir müssen Drohnen abschießen können (oder einsammeln); wir müssen unsere Datenverarbeitungen gegen Hacker schützen. Wir müssen unsere Grenzen schützen. Darauf sollten wir uns vorbereiten. Last not least: Wir müssen das Klima schützen.
Der Frieden, den die autoritaristische Führung der USA mit ihren Untertanen haben will, ist ein anderer. (Zu den Untertanen gehört da im weiteren Sinn auch ganz Lateinamerika, wie früher: „der Hinterhof“.) Schutz reicht da aus der Sicht der Führung nicht. Die wollen Herrschaft sichern; dazu ist eine Demokratie hinderlich.
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