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Michael Bürkle

Korruption in Österreich

Sachverhalt festgestellt, keine Verurteilung, sondern „Diversion“

Der ÖVP-Abgeordnete August Wöginger, der auch Klubobmann ist, hat mit 2 Gehilfen eine Stellenbesetzung – Leitung des Finanzamts Braunau – geschoben, indem er eine besser qualifizierte Bewerberin zugunsten eines Parteifreundes und mithilfe der Beeinflussung der Beurteilungskommission ausgebremst hat.

Der Sachverhalt ist klar; Wöginger und Komplizen haben das anerkannt und kommen per „Diversion“ mit Geldstrafen davon und sind damit nicht vorbestraft. Wöginger zahlt eine Geldstrafe von 44.000 € und 500 € an die benachteiligte bestqualifizierte Bewerberin.

„Reue“

Wöginger äußert so etwas wie Reue: es sei nicht seine Absicht gewesen, dass eine besser qualifizierte Bewerberin nicht zum Zug kam – offenbar bestand seine Absicht nur darin, dem nicht so gut qualifizierten Parteifreund zu „helfen“. (Was ist da der Unterschied?) Er sehe das heute „mit anderen Augen“; „Mit dem heutigen Wissen würde ich das in dieser Form nicht mehr tun. Es tut mir wirklich leid. Ich habe das in dieser Dimension nicht vorhergesehen, aber ich übernehme die Verantwortung“, wird Wöginger zitiert. Ja, klar: mit dem heutigen Wissen – dass man erwischt werden kann – würde er das „in dieser Form nicht mehr tun“ – aber offenbar kommen da noch andere Formen in Betracht.

„Für die Republik sei kein großer Schaden entstanden, da der zum Zug gekommene Kandidat zwar weniger, aber nicht unqualifiziert war“, begründete die Richterin das Diversionsangebot. Das verstehe ich überhaupt nicht. Natürlich entsteht für die Republik ein Schaden, wenn durch Korruption schlechter qualifizierte Bewerber Stellen bekommen. Der Schaden ist bloß schwer messbar.

Ein Sittenbild

Insgesamt ein österreichisches Sittenbild. Einem Nationalratsabgeordneten ist nicht klar, was er tut, wenn er auf Stellenbesetzungen über Hintertürln Einfluss nimmt? Echt? Er würde das „in dieser Form“ heute nicht mehr tun … Was heißt das? Macht er das jetzt vorsichtiger, in anderer Form oder gar nicht mehr? Ich bin auch mit der Begründung der Richterin – es sei kein großer Schaden entstanden – nicht einverstanden. Niemand weiß, wie groß der konkrete Schaden war oder noch werden kann.

Ja, wir haben Korruption – seit Generationen. Früher war das vermutlich noch schlimmer. Wenn man erwischt wird, bleibt heute immer noch die Diversion: man zahlt eine Geldbuße, gelobt Besserung und bleibt ohne Vorstrafe. Glücklich bin ich da nicht.

Für die ÖVP sind laut Wöginger und Parteiobmann und Bundeskanzler Stocker alle Fragen geklärt. Für mich nicht, ganz und gar nicht.


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