„unsere Juwelen, persönlich und intim“
Es ist allgemein bekannt: aus dem Louvre in Paris sind Juwelen gestohlen werden. Man hat schon Verdächtige verhaftet, aber vom Diebesgut fehlt noch jede Spur. Man arbeitet an der Aufklärung des Diebstahls; das ist auch gut so.
Nun mischt sich noch der „Graf von Paris“ ein. Ein gewisser Jean d’Orleans, ein „direkter Nachfahre französischer Könige“ und Urenkel der „Herzogin von Guise“, die die Saphirtiara, eines der gestohlenen Schmuckstücke getragen hatte. Er appelliert an die Diebe:
Gebt uns unsere Juwelen zurück, es ist noch Zeit
und
Es ist sowohl persönlich als auch intim
Ich fürchte sehr, dass das die Diebe nicht sehr rühren wird. Mir als Dieb würde das bestenfalls ein Schulterzucken entlocken.
Was ich nicht verstehe
Der französische Staat sucht das Diebesgut; das ist richtig so. Aber er misst diesem Diebesgut eine enorme Bedeutung bei, die völlig aus der Luft gegriffen ist. Denn: „Königin Marie Amelie“ und „Königin Hortense“ haben diese Schmuckstücke getragen. Na und? Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit, etwas über die enorme Wichtigkeit der beiden Damen für die französische Geschichte zu erfahren. Sie und „Kaiserin Eugenie“ haben Kronen getragen, Smaragdketten und Smaragdohrringe. Ja und? So what? Haben diese Schmuckstücke deshalb für das heutige Frankreich irgendeine besondere Bedeutung? Ich glaube nicht. Man soll sie wiederfinden, weil man sich nicht beklauen lassen will; klar. Aber sonst?
Was ich schon verstehe
Der französische Adel nimmt in Gestalt des „Grafen von Paris“ die Chance wahr, den Adel wieder einmal in die Auslage zu stellen und seine Wichtigkeit zu unterstreichen. Er spricht von „unseren“ Juwelen: ich hoffe, er meint damit ganz Frankreich und nicht nur seine Sippe. Der Diebstahl betreffe „persönliche“ und „intime“ Dinge, meint der Herr Graf. Ich glaube, da liegt er falsch. Das sind Schmuckstücke, die nicht persönlich oder intim sind, sondern dem Staat gehören – also allen.
Der „Adel“ hat formell ausgedient; Frankreich ist eine demokratische Republik geworden. Dass der ehemalige „Adel“ – in Frankreich wie in Deutschland oder Österreich – immer noch in Summe sehr reich ist: reich an Grundbesitz und an Kapital, ist ererbt und keine Leistung an sich. Aber es scheint immer noch Adlige zu geben, die glauben, dass sie „edel“, „edler“ sind, ihnen mehr vom Staat gehört und ihre Bedeutung eine besondere ist.

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