Cäsar
Wie es so ist bei Cäsaren und ihrem Cäsarenwahnsinn: allmählich beginnen die Getreuen zu bröckeln. Am Schluss steht dann die Palastrevolution.
Eine der bisher treuesten Anhängerinnen von Trump 2.0, Marjorie Taylor Greene, ist in Ungnade gefallen. Greene ist eine rechtsextreme Trump-Fanatikerin, „christliche Nationalistin“ und aktive Verschwörungstheoretikerin – und war bisher immer an der Seite ihres Herrn. Jetzt bezeichnet Trump sie als „durchgeknallt“ – wo er gar nicht so falsch liegt: auch blinde Hähne finden ab und zu ein Korn – und meint (übersetzt): „Ich kann nicht jeden Tag die Anrufe einer pöbelnden Wahnsinnigen entgegennehmen“. Wo schreibt Trump das? In seinem Netzwerk „Truth Social“. Wie bezeichnend!
Was war der Anlass? Offenbar eine Meinungsverschiedenheit über die Veröffentlichung der Epstein-Akten. Greene will das, Trump habe das versprochen; Trump ziert sich. Jetzt ist er beleidigt. Außerdem nimmt er zu wenig Respekt & Verehrung wahr.
Die Trump-„Religion“
Die „christlichen Nationalisten“, zu denen sich Greene zählt, sind die vermutlich stärkste Hausmacht von Trump 2.0. Sie verehren Trump als eine Art Messias und hoffen auf eine dritte Amtszeit um „die Sache durchzuziehen und zu einem Ende zu bringen“. Das hört man z.B. [etwa bei Zeitmarke 6:15 ff.] auch im Interview, das der liberale Economist mit dem populistischen Strategen Steve Bannon, einem ehemaligen Chefberater Trumps geführt hat. (Man kann da sowohl die Sprache des Interviews als auch der Untertitel einstellen.)
Bannon beschreibt das System Trump 2.0 als „unternehmerisches Kapitalismusparadies für Durchschnittsbürger“ [etwa Zeitmarke 1:34] und Trump – ohne sich zu genieren – als Mittel der „göttlichen Vorsehung“ [etwa Zeitmarke 6:50 ff.] Dabei sei Trump „sehr unvollkommen“, „nicht kirchlich“ und „nicht wirklich religiös“, aber er sei „ein Instrument des göttlichen Willens“.
Wer so etwas ernstlich glaubt, hat den Boden des vernunft-orientierten Diskurses verlassen. Da erübrigt sich das Gespräch; da zählt nur mehr die normative Macht des Faktischen. Ein Fakt ist: Marjorie Taylor Greene ist „durchgeknallt“.
Die Politikwissenschaftlerin Mirjam Kid hat die „Trump-Religion“ erforscht und ein Buch über sie geschrieben: „Christlicher Nationalismus und die Trump-Bewegung“, erschienen bei Transcript. Untertitel: „Über historische Narrative und moderne Propagandamethoden“. Die Religionsseite des ORF hat das Buch unter dem Titel „Trump als «Messias» rechter Christen“ rezensiert.
Ja, ich denke, damit muss man sich auseinandersetzen. Aber wie in jeder Religion gibt es Ketzer und Ketzerinnen, Hexen und Un-Rechtgläubige. Die Geschichte macht Hoffnung; die Krankengeschichte Trumps auch.

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