Die OECD-Studie
Die OECD hat eine Studie „Pensions at a Glance 2025“ veröffentlicht, die die Pensionssysteme der OECD-Staaten vergleicht und u.a. auf den Pension Gender Gap eingeht, also auf den systematischen Unterschied zwischen Pensionen von Männern und von Frauen. Den englischen Originaltext findet man unter „www.oecd.org/content/dam/oecd/en/publications/reports/2025/11/pensions-at-a-glance-2025_76510fe4/e40274c1-en.pdf“; auf Deutsch gibt es leider nur eine gekürzte Zusammenfassung unter www.oecd.org/content/dam/oecd/de/publications/reports/2025/11/pensions-at-a-glance-2025_76510fe4/b3992c03-de.pdf.
Pension Gender Gap
Die Pensionslücke zwischen den Geschlechtern ist in Österreich besonders hoch. Sie beträgt in Österreich 35,6%; nur Japan (47,3%), Großbritannien (36,7%) und die Niederlande (36,3%) verzeichnen noch größere Abstände zwischen Männer- und Frauen-Pensionen; im OECD-Schnitt beträgt der Abstand immer noch ca. 22,8%. In Estland ist die Pensionslücke schon beinahe geschlossen: da beträgt der Abstand nur mehr 5,8%.
Der Pension Gender Gap hat sich in der OECD insgesamt seit 2007 etwas eingedämmt: er ist von 28% auf 22,8% gesunken. In Österreich war die Tendenz anders: ab 2007 stieg die Pensionslücke noch von 33,3% auf ca. 39% im Jahr 2015; in den letzten 10 Jahren gelang da eine Wende auf immer noch hohe 35,6%.
Gründe
Die Gründe sind mehrfache. Einerseits verzeichnen wir in Österreich immer noch bei vergleichbaren Arbeitsverhältnissen höhere Gehälter bei Männern als bei Frauen. Nur im Öffentlichen Dienst ist das nicht mehr so. Dann gehen Frauen immer noch deutlich öfter in Karenz für Kinderbetreuung; bis zu 48 Monate werden zwar als pensionsrelevante Zeiten angerechnet, aber es tritt natürlich ein Gehaltsverlust ein, der pensionsrelevant ist: sowohl während der Karenzzeit als auch nach ihr nach einem Wiedereinstieg. Auch nach dem Wiedereinstieg arbeiten Frauen in Österreich deutlich häufiger in Teilzeit als Männer: auch das ist pensionsrelevant. In Summe wirken sich diese Faktoren in Österreich besonders stark aus: stärker als in den meisten Ländern der OECD.
Reaktionen
Die Industriellenvereinigung sieht im OECD-Bericht einen Aufruf zu einer Pensionsreform. „Unter Vollzeitbeschäftigten seien die Unterschiede deutlich geringer und stark rückläufig“, zitiert der ORF eine Ökonomin der Agenda Austria, einem wirtschaftsnahen Think Tank. Man plädiert für eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters; derzeit arbeitet die Regierung an einer Anhebung des faktischen Pensionsalters. Nach Agenda Austria und Industriellenvereinigung sollen Österreicher:innen also gleichermaßen später in Pension gehen. (Das hätte allerdings auch problematische Folgen für den Arbeitsmarkt. Man müsste die Arbeit auch „fairer verteilen“.)
Würde das das Problem lösen? Wohl nicht. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit für beide Geschlechter durch die Anhebung des Pensionsantrittsalters ist m.E. eine Themenverfehlung bezüglich der Pensionslücke.
Dass unter Vollzeitbeschäftigten die Unterschiede „geringer“ seien, zeigt aber, dass es auch unter Vollzeitarbeitenden eine Pensionslücke gibt. Es ist und bleibt ein Gender Gap; wir sprechen also von einer sozialen Ungerechtigkeit, an der viele Faktoren beteiligt sind. In meiner Generation haben Männer im Schnitt auch eine bessere Ausbildung und damit einen höhere Lebensverdienst erhalten: dieser Effekt verdünnt sich zwar mit jedem Jahr; bis er im Pensionssystem ankommt, vergehen aber auch Jahre.
Der ÖGB hat in Person der Vorsitzenden der ÖGB-Pensionist:innen, Monika Kemperle, Stellung bezogen: „Die Pensionslücke ist eine soziale Ungerechtigkeit, die man nicht länger akzeptieren darf“, laut ORF. Dem kann man zustimmen, obwohl das noch nicht sehr konkret ist: aber das Problem ist halt ein multifaktorielles und jede Regierung muss daran in mehreren Dimensionen arbeiten – außer man findet eine radikale, schnelle und umfassende Lösung.
Ich könnte mir schon eine vorstellen.

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