Ein neuer Stabilitätspakt
Monatelang haben wir in Österreich nun mit einem „Budgetloch“ gelebt, von dem offenbar kaum jemand wusste, wie breit und wie tief es war. Beträgt das Budgetdefizit 4,2% oder 4,5% des BIP? Oder doch 4,9%? Die Defizite der Länder waren offenbar höher als gemeldet bzw. erwartet.
Nun haben sich Finanzminister Marterbauer (SPÖ) und Kanzler Stocker (ÖVP; der nur online) mit den Landeshauptleuten getroffen und einen neuen „Stabilitätspakt“ vereinbart. Man hat vereinbart, dass sich die Bundesländer in Zukunft etwas höher verschulden dürfen und der Bund etwas weniger. Dafür sind die Bundesländer in Zukunft monatlich berichtspflichtig und weisen ihre Verschuldung nicht mehr nur als Gesamtsumme gegenüber der Statistik Austria aus. Die Bundesländer bekommen „mehr Zeit […] ihren Haushalt in Ordnung zu bringen“.
Eine Grafik der APA zeigt die wesentlichen Zahlen; beim Standard sieht sie so aus:
Ich habe Fragen
Was ich so lese, haben beim Verhandeln des Pakts die Kosten des Gesundheitssystems eine große Rolle gespielt. Von den Bildungskosten lese ich kaum etwas, dabei hat die neue Landeshauptfrau Salzburgs Edtstadler (ÖVP) da entsprechende Vorschläge gemacht: Gesundheit zum Bund, Bildung an die Länder. Hat das eine Rolle gespielt? Inwiefern sind Zuständigkeitsverlagerungen mitgedacht worden? Inwiefern ist die erwartbare Zunahme von Klimawandelfolgekosten mitgedacht worden? Die sind ja im städtischen Wien nicht unbedingt gleich wie in den alpinen Bundesländern.
Und: wer hat da mit wem verhandelt? Ich höre: der Finanzminister mit den Landeshauptleuten, die sich in der Landeshauptleutekonferenz dazu getroffen haben. Wie fix sind diese Vereinbarungen – wo es eine Landeshauptleutekonferenz in der Verfassung doch gar nicht gibt? Die „LH-Konferenz“ ist ein informelles Treffen; niemand weiß, wie verbindlich ihre Beschlüsse sind bzw. gehandhabt werden. (Noch gar nicht: das muss alles noch im Parlament beschlossen werden.) Kann sich ein:e LH aus diesem Pakt vertschüssen, wenn er / sie in der Landesregierung oder im Landtag auf Widerstand stößt?
Wer sprach da für den Bereich der Sozialversicherungen, die ja auch zum Defizit beitragen und bisher nicht beim Bund subsumiert wurden? Hätte man die nicht an den Verhandlungstisch bringen sollen?
Fragen über Fragen …


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