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Michael Bürkle

Grüne Strategie!

Der grüne Europaabgeordnete Reimon will aus persönlichen Gründen nicht mehr bei der Europawahl antreten. Die 9 grünen Landessprecher empfehlen, Bundessprecher Werner Kogler als Spitzenkandidaten aufzustellen. Der erklärt sich zur Kandidatur bereit.

Vernünftig? Den Bundessprecher nach Brüssel schicken? Der letzte österreichische Bundespolitiker, der ins Europaparlament wollte, war ein gewisser Kern. Diese Selbstentsorgung ist missglückt.

Tatsächlich waren Europamandate in den letzten Jahren oft Abschiebe- oder Versorgungsposten, bei allen Parteien.

Werner Kogler kann für den aktuellen Zustand der grünen Bundespartei wenig. Der einzige Vorwurf, den ich ihm machen könnte, ist, dass er viel zu spät eingesehen hat, dass er gebraucht würde. (Schon am 18.5.2017 habe ich die Notwendigkeit gesehen, dass Kogler sich zur Wahl stellt: er hat es nicht getan.)

Aber Kogler tut sich als Bundessprecher derzeit schwer: die einzigen Botschaften, die bei den WählerInnen ankommen, sind die, dass er sich um die Neuorganisation der Partei kümmert. Jetzt ist die wichtig; wichtiges Mittel dazu wäre aber auch eine wahrnehmbare Oppositionspolitik. Eine funktionierende Oppositionspolitik ist nachhaltiger als crowd funding, meine ich.

Und das könnte das Kalkül der 9 Landessprecher sein: als Europa-Spitzenkandidat bekommt Kogler endlich wieder die Chance, politische Inhalte an eine größere Öffentlichkeit zu bringen.

Außerdem könnte eine Entlastung der Parteifinanzen eintreten: als Europaabgeordneter hätte Kogler eine gesicherte Existenz jenseits eines unsicheren Gehalts der Partei.

Das Element der Entsorgung schwindet damit auf die Notwendigkeit, für die nächsten bundesweiten Wahlen in Österreich neue SpitzenkandidatInnen aufzubauen. Aber da ist ja noch ein bisschen Zeit. Nicht viel.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Grüne Strategie!“

  1. Avatar von Whisker
    Whisker

    Bei Kogler fällt mir ein grundsätzliches Problem, das ich seit der NR-Wahl 2017 auf Bundesebene zu sehen glaube: Uns fehlen gute zugkräftige Leute, denn außer Kogler sehe ich da zur Zeit nicht wirklich jemanden und Kogler als One-Man-Show wird auf Dauer .
    Die meisten Personen, welche die Grünen über Jahre auf Bundesebene „getragen“ haben, wurden in den letzten Jahren nach und nach eher würdelos „abserviert“ (Moser, Öllinger etc.) oder durch Jüngere ersetzt, die schlichtweg gar nichts geliefert haben (z.B. Pilz/Schmid).
    D.h. die Grünen sind meiner Ansicht nach in den letzten Jahren unter anderem zu sehr in einen unvernünftigen Jugendwahn verfallen, der dazu führte, dass man mit erfahrenen Leuten zum Teil ziemlich respektlos umgegangen ist (Stichwort: „Silberrücken“) und es vollkommen verabsäumt hat, gute „Nachwuchsarbeit“ zu betreiben (gut, den Schuh müssen sich „alte“ Grünen wohl auch zum Teil anziehen, denn es wäre auch in deren Verantwortung gelegen, sich gute junge Leute zu suchen die man fördert, damit sie später einmal übernehmen können).

    Und die jüngeren Leute, die nachgekommen sind, kamen meist aus der GRAS, die zumindest ich sehr kritisch sehe.
    Weil mir die Leute dort oft zu wenig pragmatisch und zu sehr in einem rein ideologischen Denken verhaftet vorkommen, bei dem kein Widerspruch gegen die „reine Lehre“ geduldet wird, kontroverse Themen mit Totschlagargumenten abgewürgt anstatt diskutiert werden und Kritik eben nicht akzeptiert und ernst genommen wird, sondern man im Gegenteil versucht, diese mit rhetorischer Eloquenz und eben Totschlagargumenten zum Schweigen zu bringen (ein Beispiel dafür ist für mich z.B. Sigrid Maurer).
    Genau deswegen wäre ich auch dafür, dass es für Mitglieder von Organisationen wie Jungen Grünen (oder wie die in Zukunft irgendwann halt heißen werden) oder GRAS eine verpflichtende Cooling-off-Phase geben sollte; d.h. wer aus einer dieser Organisationen kommt, sollte für z.B. zwei Jahre nicht bei den Grünen für eine Funktion oder ein politisches Amt auf Bundes- oder Landesebene kandidieren dürfen.

    Denn wenn wir bei den Grünen junge Leute direkt von Organisationen wie z.B. der GRAS in die Bundes- oder Landespolitik einsteigen lassen, dann züchten wir uns damit nur genau jene Berufspolitiker heran, die wir bei anderen Parteien zu Recht oft kritisiert haben.
    Weil diese quasi „nichts anderes als Politik gelernt haben“ und deswegen nicht ausreichend fähig sind zu verstehen, was die „normalen“ Menschen (also jene, deren Stimmen man braucht) umtreibt oder vielleicht auch nicht willens sind, sich damit zu beschäftigen. Sondern weil sie eben zu sehr in einem ideologischen Denken gefangen sind, weil sie zu lange nur im eigenen Saft geköchelt haben bzw. in einer (auch selbstgeschaffenen) Filterblase leben, wo es keinen Austausch und keine Konfrontation mit kontroversen Meinungen gibt, sondern man sich nur mit Gleichgesinnten austauscht, gegenseitig bestätigt, wie recht man doch habe und alle, die nicht dazugehören, eher als „ideologische Feinde“betrachtet denn als Mitbewerber, mit denen man sich austauschen und diskutieren muß.

    Und ich denke, dem könnte man durchaus zum Teil vorbauen, wenn junge Leute bei uns erst einmal für einen gewissen Zeitraum „in die (reale) Welt hinaus“ müssen, bevor sie für die Grünen hauptberuflich in die Politik gehen können (eine Tätigkeit als Gemeide- oder Bezirksrat würde für mich deswegen nicht unter diese Regelung fallen, weil man die ja in der Regel nicht hauptberuflich ausübt).
    Also ähnlich wie auch früher Gesellen nach dem Abschluß ihrer Lehrzeit erst dann zur Meisterprüfung zugelassen wurden, wenn sie eine bestimmte Zeit lang „auf die Walz“ gegangen waren, um neue Arbeitspraktiken, Orte, Regionen und Länder kennenzulernen und eben auch, um Lebenserfahrung zu sammeln – um durch die in dieser Zeit erworbene Erfahrung und gesammeltes Wissen zu möglichst guten Meistern ihres Fachs zu werden.

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