ÖVP und Grüne halten sich nach Abschluss der Sondierungsgespräche äußerst bedeckt. Weder Kogler noch Kurz ist eine Andeutung über das Ergebnis zu entlocken. Keine verwertbare Zeile.
Also muss man zwischen den Zeilen lesen.
Tatsache ist: die ÖVP lässt den Grünen den Vortritt. Die Grünen werden morgen, am Sonntag, im Erweiterten Bundesvorstand („EBV“) ihre Entscheidung fällen. Die ÖVP wird erst nach dem Wochenende, am Montag, ihre Entscheidung bekannt geben. Einstweilen kündigen beide Teile an, noch einige „Telefongespräche“ zu führen.
Ich denke, das kann man lesen.
In den Sondierungsgesprächen sind offensichtlich bereits Inhalte geklärt worden. Die Grundstruktur eines Regierungsprogramms steht bereits; auch Personalentscheidungen sind zu einem guten Teil bereits besprochen. Das Paket sieht so aus, dass es äußerst fragwürdig ist, ob ein Grüner Bundeskongress das akzeptieren kann. Die ÖVP versucht, die Grundlinien des neuen Regierungsprogramms vorzugeben; die Grünen bekommen außer einzelnen sog. „Leuchtturmprojekten“ im Bereich Klimaschutz und Sozialpolitik kaum Gestaltungsmöglichkeiten. Trotzdem könnte der EBV zustimmen: in der trügerischen Hoffnung, dass in weiteren Verhandlungen noch Substanzielles erreichbar wäre; genährt auch durch andere Hoffnungen.
(Wenn Kogler ein wirklich positives Zwischenergebnis aus den Sondierungen vorzuweisen hätte: nichts müsste Grüne und ÖVP abhalten, einen vorsichtigen Optimismus anzudeuten.)
Ich nehme an …
Ich nehme an:
– der grüne EBV wird weiteren Verhandlungen zustimmen
– die ÖVP wird das am Montag dankend annehmen
– bei weiteren Verhandlungen kommt nichts mehr Substanzielles hinzu
– die Verhandlungen werden nach einiger Zeit abgebrochen. Oder: das Koalitionsabkommen fällt am Grünen Bundeskongress wegen Substanzarmut durch
Eine Alternative
Alternative dazu:
– schon der EBV lehnt das Ergebnis der Sondierungen als Basis für weitere Verhandlungen ab
– am Montag erklärt die ÖVP, dass sich das schon während der Sondierungsgespräche abgezeichnet habe, dass also mit den Grünen keine vernünftige Politik zu betreiben sei
– FP-Chef Hofer erklärt sich bereit, angesichts der veränderten Umstände die Positionierung der FPÖ zu überdenken. (Ja, ich denke, Kurz wird auch mit Hofer „telefonieren“.)
Jedenfalls: sagt der grüne EBV „ja“, sagt auch die ÖVP „ja“. Sagt der EBV „nein“, sagt auch die ÖVP „nein“. Was sicher nicht passieren wird: dass die Grünen „ja“ sagen und die ÖVP „nein“. Da stünde der türkisschwarze Kanzlerkandidat ja ganz schlecht da.
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