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Michael Bürkle

Mit der Demokratie zufrieden?

Ein Lesefehler

Der Standard hat mich heute erschreckt mit der Schlag­zeile „Nur sieben Prozent sind mit Demokratie zufrieden“. Erst bei genauerer Hinsicht hab ich gesehen: da war noch ein „sehr“ dabei. Die Über­schrift auf Papier lautete also: „Nur sieben Prozent sind mit Demo­kratie sehr zufrieden“. Online noch ein bisschen anders: „Nur sieben Prozent voll mit Demokratie zufrieden“.

Die Daten

Die Daten stammen aus einer vom Standard beauf­tragten Befragung des Linzer Market-Instituts (November 2025; 818 repräsentativ ausgewählten Wahl­berechtigte). Es stellt sich heraus: 35% der Befragten sind „eher zufrieden“; 14% sind „eher unzufrieden“ und gar 12% „sehr unzufrieden“. 29% der Befragten geben „geteilt“ an. Insgesamt schneidet „die Demokratie“ mit 42% Zufriedenen und 26% Unzufriedenen noch halbwegs positiv ab.

Und es kommt natürlich darauf an, wie und wen man fragt. In der ÖVP, bei den NEOS und bei den Grünen sind relativ viele „zufrieden“, in der FPÖ nur relativ wenige. Zwischen Frauen und Männern gibt es nur geringe Unterschiede; auch die Altersgruppen sind da überraschend ähnlich.

Und ich?

Naja: ich bin mit der „Demo­kratie, so wie sie unserem Land existiert“ – so war die Frage­stellung – auch nicht völlig zufrieden. Aber die Demo­kratie an sich ist für mich unver­zicht­bar: man muss sie nur besser gestalten.

Gerade hat uns der abgegangene Wirtschafts­kammer­präsident bewiesen, dass mit der Demo­kratie in der Wirtschafts­kammer viele Betroffene nicht zufrieden sind. Ich bin mit der Arbeiter­kammer andrerseits im Großen und Ganzen sehr zufrieden – obwohl sie mich als Beamten­pensionisten gar nicht vertritt. Ich bin mit der Durch­lässigkeit der Staats­gewalten – Legislative, Exekutive, Judikative, „vierte Gewalt“ – nicht besonders zufrieden: Gesetze werden de facto von der Exekutive (der Regierung) gemacht und von der Legis­lative nur mehr abgenickt: Klubzwang usw. ist an sich eine demokratische Katastrophe. Aus Vertreter:innen der „vierten Gewalt“ (Journalist:innen) werden plötzlich Staats­sekretär:innen – und auch umgekehrt; im Parlament sitzen viele Richter:innen und Anwält:innen: die gehören an sich zur Juris­diktion. Es gibt neben der demo­kratischen Verfassung eine mächtige Real­verfassung: die „Landes­haupt­leute­konferenz“ steht nirgends in der Verfassung; die „Sozial­partnerschaft“ allenfalls in Spuren­elementen (z.B. Kammern).

Da ist Vieles nicht ideal; da könnte man einiges verbessern.

Aber

Aber m.E. gibt es zur Demokratie an sich keine ernst­zunehmende Alter­native. Sie ist sowieso nie völlig fertig und immer ein Prozess. Eine gewisse Basis an Unzu­friedenheit ist da vermutlich sogar notwendig.

Kommentare

Eine Antwort zu „Mit der Demokratie zufrieden?“

  1. […] habe ich von den Ergebnissen einer Untersuchung des Market-Instituts im Auftrag des Standard berichtet: es ging um die Zufriedenheit mit der Demokratie. Die Ergebnisse waren mittelprächtig. […]

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