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Michael Bürkle

Diese verd… „Coolness“

„Coolness“ als Motiv

Alle Welt will „cool“ sein; zuletzt ist mir das aufgefallen, als ich im profil und im ORF über die Urteile über „den“ jugendlichen, gerade mit 14 strafmündig gewordenen „Systemsprenger“ gelesen habe. Im profil-Artikel heißt es ganz am Anfang:

Er wollte „nur cool sein“ und beging in den letzten eineinhalb Jahren mit seinen Freunden mehr als 1500 Einbrüche.

Im ORF klingt es etwas anders:

„Ich habe Blödsinn gemacht. Ich dachte, ich bin cool“

Die Bedeutung von „cool“

Naja: ursprünglich ist das ein englisches Wort mit der Bedeutung „kühl“. In der Wikipedia ist dazu notiert:

„Gegenwärtig wird der Begriff Coolness im Englischen für eine allgemein bewundernswerte Ästhetik der Einstellung, des Verhaltens, des Auftretens, des Aussehens oder Stils verwendet.“

Also: eine Einstellung, ein Verhalten, ein Auftreten oder Stil, der / die / das „bewundert“ wird. Von wem? Von den anderen, deren Bewunderung man anstrebt. Inhaltlich ist über „Coolness“ da nichts gesagt: wenn man schöne Bilder bewundert, sind sie cool. Wenn man Brutalität bewundert, ist sie cool. Wenn man dummes Geschwätz bewundert, dann ist das cool.

Im „monopol-Magazin“, einem „Lifestyle- und Kunstmagazin“, wird der Autor Michael Kökritz interviewt, der über „Coolness“ ein ganzes Buch geschrieben hat: „Coolness – Die lässige Eleganz der Freiheit“. Auf die Frage „was bedeutet Coolness für Sie?“, antwortet Kökritz zunächst mit …

Die Begriffe Coolness und cool stehen heute ebenso inflationär wie unscharf für alles, was irgendwie lässig, hip, begehrt und im Trend ist. Alles soll cool sein, alle wollen cool sein. Irgendwie. Coolness ein umworbener Universalstempel und wolkiges Sehnsuchtsphänomen zugleich.

Das ist zunächst auch eine Leerformel; der Aspekt des Bewundert-Werdens – „im Trend“ – ist da enthalten. Kökritz spricht dann u.a. noch von „selbstbewusste[r] Attitüde“ – also auch einer Art „Haltung“; „Mut, Unabhängigkeit und die inhaltsgetriebene Herausforderung des Status Quo werden geschätzt, aber immer nur im Rahmen des gesellschaftlich akzeptierbaren“ – es geht also darum, was die Gesellschaft super findet.

Mein Senf dazu

Ich find „Coolness“ schon von der Wortherkunft her gar nicht so erstrebenswert. Einen „kühlen“ Menschen finde ich distanziert und a priori nicht angenehm. „Kühl“ kann angenehm sein, wenn es rundum heiß ist. Aha! Ist „Coolness“ der Wert in einer Gesellschaft, die auf eine permanente Klimaüberhitzung hinarbeitet? Alles wird heiß, darum bleiben wir „cool“? Das wäre sehr naiv.

Und der „Systemsprenger“?

Man kann also mehr oder minder alles „cool“ finden, was einem und der eigenen peer group gefällt. „Coolness“ ist offenbar eine inhaltlich leere Hülle; unsere Gesellschaft wird also von leeren Hüllen geprägt. Verwunderlich? Nicht sehr. Schauen wir uns doch ein paar Repräsentanten dieser Gesellschaft an.

Für den 14-jährigen „Systemsprenger“ mit den 1500 Einbrüchen hat offenbar gezählt, dass seine Freunde (ohne und …) oder „Freunde“ (mit Anführungszeichen) ihn dafür bewundert haben. Das hat ihn cool wirken lassen; darum fand er das cool. Ein Unrechtsbewusstsein hätte da nur gestört. Ob er mit einer Haftstrafe – mit 14 (!) – so eines entwickelt, ist fraglich: 9 Monate und 2 Wochen „teilbedingt“ sind es geworden, also vielleicht netto 2 Monate. Ohne Haftstrafe entwickelt er ein Unrechtsbewusstsein sicher nicht, sondern nur weitere inhaltsleere „Coolness“. Ich weiß nicht, mit welchen Inhalten ihn diese Haftstrafe konfrontiert: das müsste man sich sehr gut überlegen; das wäre eine Chance.

Aus meiner Sicht fehlt da etwas Wesentliches: der Inhalt, der Zweck, das Ziel. Ich brauche für meine Handlungen Motive, die über Coolness hinausreichen. Demokratie wäre so etwas. Gleichberechtigung. Emanzipation (aller Benachteiligten aus der jeweiligen Benachteiligung). Auch Wahrheit – dass etwas „stimmt“. Aber da ecke ich nicht erst bei den „Systemsprengern“ an, denen das vermutlich sehr uncool vorkäme. (Da muss man sich ja anstrengen; Anstrengung ist an sich uncool.) Korruption und Lüge sind heute bei prominentesten Politikern – keineswegs bei allen! – gang und gäbe und sie gewinnen damit Wahlen. Der Populismus arbeitet konsequent mit der inhaltlseeren Hülle Coolness.

Wir brauchen mehr und profundere Bildung!


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