„klare Haltung“?
Innenminister Karner und Integrationsministerin Plakolm – beide ÖVP – haben eine „klare Haltung“ zum Familiennachzug bzw. zur Familienzusammenführung signalisiert.
aber: Recht!
Familienzusammenführung ist auf der web site des Innenministeriums auch ein hoher Wert. Da heißt es:
Ehe und Familie haben in unserer Gesellschaft einen besonderen Stellenwert, der verfassungsrechtlich geschützt ist. Dieser Schutz gilt auch für Migrantinnen. Wer keine EU-Staatsangehörigkeit besitzt, hat allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eines Familiennachzugs.
Drittstaatsangehörige Familienangehörige (das heißt der Familienangehörige ist weder EWR-Bürger noch Schweizer) benötigen einen Aufenthaltstitel in Österreich, wenn sie sich hier länger als sechs Monate aufhalten wollen.
Ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Familiennachzugs wird in der Regel für 12 Monate ausgestellt. […]
Die Bredouille
Jetzt will aber die Regierung – nicht nur die ÖVP, auch die SPÖ will das offenbar – Familienzusammenführung bei „Migrantinnen“ [sic!] einstweilen (???) hintanhalten. (Dabei spielt es hier offenbar keine Rolle, ob das Arbeitsmigrant*innen oder Asylwerber*innen sind.) Das geht, weil das Recht auf Familiennachzug bei Nicht-EU-Bürger*innen „nur unter bestimmten Voraussetzungen“ gegeben ist. Das ist der Punkt mit der „Notlage“, den ich gestern schon angesprochen habe.
Karner und Plakolm wirken bei ihren Forderungen nicht restlos glücklich – wie man bei der Präsentation sehen kann (Bild APA / Roland Schlager). Ehe & Familie sind ja wichtige Bestandteile eines konservativen Wertesystems … Und man ist ja auch stolz darauf, was die ÖVP alles schon erreicht hat. Aber …
„Karner führte die Überlastung des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystems und die wachsende Jugendkriminalität als Argumente ins Treffen.“
Jetzt muss man plötzlich Notlagen im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem zugeben, damit man die Familienzusammenführung verzögern kann. Das ist offensichtlich sehr unangenehm.
[Ich finde es an sich super, wenn sich ein ÖVP-Minister plötzlich um das „Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem“ sorgt. Das kann gerne noch wachsen! Aber nicht unbedingt auf dem Rücken der Ärmsten.]
Klare Haltung!
Wir sind ein wohlhabendes Land; allenfalls müssen wir den Wohlstand etwas besser verteilen. Es gibt keinen Grund, die Menschenrechte ausgerechnet für die Ärmsten in Frage zu stellen. Wir haben ein sehr gutes (nur etwas veraltetes) Bildungssystem, wir haben ein hervorragendes (nur etwas gestresstes) Gesundheitssystem und ein gutes Sozialsystem. Vom Bildungs- und vom Gesundheitssystem profitieren auch die Wohlhabenden – und deshalb erfordert der Erhalt dieser Systeme mehr Steuergerechtigkeit als derzeit gegeben ist.