Sing um die Staatsbürgerschaft
Schon im Dezember 2024 war es ein Thema: einem Menschen aus der Ukraine, der sich um die österreichische Staatsbürgerschaft beworben hat, wurde diese verweigert – weil er sich weigerte diese Hymne beim Amt zu singen. Ich habe das damals schon für einen aufgelegten Blödsinn gehalten – und tu das immer noch. Nun ist eine Entscheidung des niederösterreichischen Landesverwaltungsgerichts da, die das bestätigt.
Ich habe am 12.12.24 die näheren Umstände nicht gekannt: nun ist offenbar klar, dass der Ukrainer die Hymne als eine Art quasi-religiöses Bekenntnis nicht singen will, weil er ein Zeuge Jehovas ist. Ich habe schon am 12.12. gute Gründe aufgezählt, die mich von einem Absingen einer Hymne abhalten könnten. Das religiöse Bekenntnis würde ich da auf jeden Fall gelten lassen. Ich finde die Zivilcourage, zu dieser Meinung zu stehen, etwas durchaus Positives.
Für Zivilcourage waren die Zeugen Jehovas auch in der Nazizeit bekannt: sie verweigerten den Wehrdienst und den Hitlergruß. Da nötigt mir Respekt ab. Trotzdem brauche und will ich natürlich keine Förderung fundametal-religiöser Glaubensgemeinschaften. Deren „Werte“ ecken oft genug an den österreichischen Grundwerten an; vor allem das Prinzip der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern gerät da sehr oft ins Wanken. (Religion ist aus meiner Sicht ein Irrweg, den jeder Mensch gehen kann oder nicht.)
Was tun?
Es gibt eine Broschüre aus dem Jahr 2023 über die Rechte österreichischer Staatsbürger:innen, die in einem gut verständlichen Deutsch abgefasst ist; mit Vorworten des damaligen Nationalratspräsidenten Sobotka, der damaligen Justizministerin Zadic, der damaligen Verfassungsministerin Edtstadler und des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs Grabenwarter. (3 dieser 4 sind mittlerweile nicht mehr im Amt!) Einziger Nachteil des Dings: es umfasst über 70 Seiten. Das kann man niemand zur Unterzeichnung zumuten.
Ich würde deshalb jeden Bewerber, jede Bewerberin um die österreichische Staatsbürgerschaft statt des Absingens der Hymne einen kurzen Text unterschreiben lassen. Etwa so einen:
Ich bekenne mich zu den Prinzipien der österreichischen Verfassung: dem demokratischen Prinzip, dem rechtsstaatlichen Prinzip, dem Prinzip der Gewaltenteilung, dem liberalen Prinzip, dem republikanischen Prinzip und dem bundesstaatlichen Prinzip. Ich erkenne die Menschenrechte gemäß der europäischen Menschenrechtskonvention an.
[Den könnte man hübsch vorlayouten …]
Man kann & soll diesen Text öffentlich machen, damit die Menschen wissen, was sie unterschreiben. Über die Details der Formulierung kann man reden. Aber wer so was unterschreiben kann, braucht m.E. keine Hymne zu singen. Ein quasi-religiöses Glaubensbekenntnis ist das nicht.
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