Veröffentlicht in Bildung, Politik

Innsbruck hat gewählt

Die Welt um uns herum versinkt in Gewalt & Krieg & Klimakatastrophe; aber Innsbruck hat trotzdem gewählt: den Gemeinderat und den Bürgermeister.

Das Wahlergebnis

Die Wahlbeteiligung lag spürbar höher als 2018 (60,5% statt 50,4%). Es kandidierten 13 Listen für den Gemeinderat und 13 Personen als Bürgermeister*in. Das Wahlergebnis in Stimmenanteilen und Mandaten:

Partei / Liste Kurzbez. Stimmen-anteil Mandate Anteil’18 M’18 Diff.% ’24 / ’18
Diff. M.
Georg Willi – die Innsbrucker Grünen GRÜNE 18,87 % 8 24,16 % 10 -5,29% -2
JA – Jetzt Innsbruck – Johannes Anzengruber JA 16,83 % 8     +16,83%
+8
FPÖ – Rudi Federspiel FPÖ 15,21 % 7 18,56 % 8 -3,35% -1
Sozialdemokratische Partei Österreichs SPÖ 13,58 % 6 10,32 % 4 +3,26% +2
Florian Tursky – Das Neue Innsbruck (Für Innsbruck, Volkspartei, Senioren) TURSKY 10,15 % 4 3
Listen!
12   -8
Tiroler Seniorenbund TSB 2,72 % 1 -2,72%
-1
Kommunistische Partei Österreichs KPÖ 6,72 % 3   0 +6,72% +3
Liste Fritz – Bürgerforum Tirol FRITZ 5,50 % 2 3,23 % 1 +2,27% +1
Alternative Liste Innsbruck – Mesut Onay ALI 4,83 % 2 2,38 % 1 +2,45% +1
NEOS Innsbruck NEOS 3,51 % 4,73 % 2 -1,22% -2
Liste Gerald Depaoli – Gerechtes Innsbruck – Die Unbestechlichen GERECHT 3,48 % 3,10 % 1 +0,38% -1
EINIG Innsbruck – Liste Helmut Reichholf EINIG 0,68 %   +0,68%  
TUN – Transparente Unabhängige Neue Gesellschaft TUN 0,34 %   +0,34%  
Die Unabhängigen – Innsbruck DU-I 0,30 %   +0,30%

Die GRÜNEN haben das 9. Mandat knapp verpasst; JA hat das 8. Mandat knapp geschafft.

Bei der Bürgermeisterwahl ergab sich für die 8 stärksten Kandidat*innen der im Gemeinderat vertretenen Listen:

Georg Willi GRÜNE 22,89 %
Johannes Anzengruber JA 19,37 %
Markus Lassenberger FPÖ 15,92 %
Elisabeth Mayr SPÖ 15,22 %
Florian Tursky TURSKY 10,41 %
Andrea Haselwanter-Schneider FRITZ 4,62 %
Pia Tomedi KPÖ 4,06 %
Mesut Onay ALI 2,35 %

Damit gibt es in 2 Wochen eine Stichwahl zwischen Georg Willi und Johannes Anzengruber.

Resümee

Die Grünen sind in Innsbruck stärkste Kraft geblieben. Sie haben an Stimmenanteil eingebüßt (ca. 5,3 %Punkte) und 2 Mandate verloren. Trotzdem: in Anbetracht des permanenten Störfeuers, dem der Grüne Bürgermeister ausgesetzt war, ein recht gutes Ergebnis.

Der ehemalige ÖVP-Vizebürgermeister Anzengruber ist aus dem Stand mit seiner Liste auf den zweiten Platz gekommen. Die FPÖ hat Stimmenanteile und ein Mandat verloren und ist vom zweiten auf den dritten Platz abgerutscht. (Kein Wunder, wenn man noch den aus unseligen Zeiten stammenden Namen „Federspiel“ führt, der Bürgermeisterkandidat aber Lassenberger heißt.)

Die SPÖ hat an Stimmen zugelegt (ca. 3,3 %Punkte) und 2 Mandate gewonnen, obwohl ein (in mehrfacher Hinsicht „alter“) ehemaliger Gemeinderat der SPÖ mit DU-I eine eigene „Firma“ eröffnet hatte (und die Stadtpartei auch von manchen Zerwürfnissen geprägt war). Ich denke, die SPÖ hat in Innsbruck mit Elisabeth Mayr noch viel Zukunft vor sich; Mayr liegt mit ihrem Bürgermeister-Ergebnis spürbar besser als ihre Partei.

Etwas kompliziert ist es im ÖVP-Lager geworden. Das waren früher 3 Listen: ÖVP, „Für Innsbruck“ und der „Seniorenbund“ der ÖVP als eigene Liste. Die hatten zusammen ca. 31 % der Stimmenanteile und 13 Mandate. Unter Ex-Staatssekretär Tursky wurde eine Zusammenführung der ÖVP-Listen versucht (und z.B. von Ex-Bürgermeister und Ex-Landeshauptmann van Staa per Postwurf beworben), was aber scheiterte: der recht populäre Ex-ÖVP-Vizebürgermeister Anzengruber wollte sich damit nicht abfinden und plante eine eigene Kandidatur; gerade noch rechtzeitig hatten ihn seine ehemaligen Parteikollegen aus dem Vizebürgermeisteramt hinausgewählt. So wurde das ÖVP-Lager von 2 Politikern „geführt“, die als Berufsbezeichnung „Staatssekretär a.D.“ bzw. „Vizebürgermeister a.D.“ angegeben hatten. Was es halt so alles an „Berufen“ gibt …

Was kam heraus? Etwa zwei Drittel des ÖVP-Lagers ging mit Anzengruber, brachte ihn in die Stichwahl um den Bürgermeister und errang 8 Mandate. Das restliche Drittel ÖVP brachte es unter dem Namen „Das Neue Innsbruck“ und der Kurzbezeichnung „TURSKY“ – verwirrender kann man es kaum anlegen! – auf etwa 10% der Stimmen und auf 4 Mandate. Insgesamt – wenn man das so sagen kann – büßten „die Schwarzen“ ca. 4 %Punkte und 1 Mandat ein. Dass der Versuch der „vereinigten ÖVP“ aber nur auf gut 10% kommt und mit 4 Mandaten nur noch eines mehr als die KPÖ hat, zeugt von enormer strategischer Unfähigkeit im Rahmen der ÖVP, von grandiosen Fehleinschätzungen (z.B. in Bezug auf Anzengruber) und von mangelndem Rückenwind aus Bund und Land.

Dass es die unsäglichen Krawallmacher vom sogenannten „Gerechten Innsbruck“ nicht mehr in den Gemeinderat geschafft haben, könnte ein echter qualitativer Fortschritt im nächsten Gemeinderat werden. (Die Wähler*innen sind halt nicht so dumm wie manche Politiker glauben.) Dass es die NEOS nicht mehr geschafft haben, muss ihnen zu denken geben: an „liberalen Bürgerlichen“ gibt es in Innsbruck keinen Mangel: das fängt schon bei den Grünen an und geht bis zur Liste Fritz. Dass es sowohl die Alternative Liste ALI und die KPÖ geschafft haben, die 4-Prozent-Hürde zu überspringen, finde ich ein sehr gutes Zeichen; das stimmt mich hoffnungsfroh. Damit hatte ich nicht gerechnet; da habe ich mich getäuscht. Und das lässt andere Verluste leichter verschmerzen.

Dass es bisweilen sehr schwierig ist, bei einer 4-Prozent-Hürde aus dem Nichts eine erfolgreiche Kandidatur zu stampfen, muss man wohl einsehen.

Die Stichwahl

Nun kommt es in 2 Wochen, am 28. April, zwischen Bürgermeister Georg Willi und seinem Ex-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber zur Stichwahl. We will see …

Ich erwarte mir Ansagen!

  • Wie kann man in Zeiten des menschengemachten Klimawandels eine Stadt klimagerecht planen und gestalten?
  • Wie kann man im urbanen Raum Wohnungsnot effektiv bekämpfen?
  • Wie kann man als Stadt gesunde, sinnvolle Arbeitsplätze schaffen?

Es ist vielleicht nicht ganz wurscht, wer Bürgermeister wird.

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