michael bürkle

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Michael Bürkle

Das Klimaticket und der Rechnungshof

Der Rechnungshof hat kritisiert.

Der Rechnungshof (RH) hat sich mit dem Klimaticket auseinander gesetzt und einiges kritisiert; das darf er und das soll er. Der RH hat nun einen Prüfbericht veröffentlicht.

Emissionen

Da heißt es z.B.: Das Verkehrsministerium sei von einer Reduktion um 0,11 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Jahr 2024 allein durch Verlagerungen von PKW-Fahrten auf den Schienenpersonenverkehr ausgegangen. Bei Gesamtemissionen des Verkehrs von 20 Millionen Tonnen CO2 sei das „gering“.

Das ist richtig, aber das waren auch nur die ursprünglichen Annahmen. In Wirklichkeit sind sehr viel mehr Klimatickets verkauft worden, als erwartet worden war – nämlich etwa doppelt so viele. Also werden die CO2-Reduktionen auch sehr viel massiver gewesen sein.

andere Gesichtspunkte

Der Rechnungshof meint auch, „dass das Ministerium andere volkswirtschaftliche Gesichts­punkte abseits der Treibhausgas­emissionen nicht evaluiert habe – etwa die Auswirkungen auf die Luftqualität, die Lärmbelastung, das Stauaufkommen und die Unfallzahlen“.

Ja, das ist schade. Wenn wir über die Einsparungen an CO2-Emissionen hinaus noch genau wüssten, was das Klimaticket (a) für die Luftqualität, (b) die Lärmbelastung, (c) das Stauaufkommen und (d) die Unfallzahlen bewirkt hat, dann wüssten wir über die große Bedeutung des Klimatickets tatsächlich noch wesentlich genauer Bescheid. Wo der RH recht hat, hat er recht.

zum Gratisklimaticket für 18-jährige

Hier vermissten die Prüferinnen und Prüfer des RH eine Abwägung zwischen den dafür notwendigen finanziellen Mitteln und „einem alternativen Mitteleinsatz für Infrastruktur­ausbau oder Angebots­ausweitung“.

Ja, das kann man vermissen. Es ist halt recht schwierig, die Wirkungen eines „alternativen Mitteleinsatzes“ abzuschätzen. Wieviel kostet ein Gratis-Klimaticket und was könnte man um dieses Geld an Infrastruktur ausbauen und Angebot erweitern? Und wie würde das dann angenommen? Überhaupt sind die Wirkungen einer Maßnahme, die neu ist und für die es keine Erfahrungs­werte gibt, ganz schwer zu schätzen.

Empfehlungen für den kommenden Bericht

Der RH blickt auch in die Zukunft. Es müsse „zwischen zwei Aspekten unterschieden werden […]: der Veränderungen des Mobilitätsverhaltens aufgrund nicht beeinflussbarer Rahmen­bedingungen wie des Bevölkerungswachstums und Veränderungen, die auf das günstigere Ticket zurückzuführen sind.“

Also: was ändert sich durch nicht beeinflussbare Sachverhalte und was durch das Ticket (und, zu ergänzen: was ändert sich durch andere beeinflussbare Faktoren). Ja, das ist interessant, kann aber nur auf der Basis komplexer Modelle errechnet werden. Das ist auch schwierig, weil man bei „nicht beeinflussbaren Rahmenbedingungen“ wenig über die zukünftige Entwicklung sagen kann; man kann sie ja nicht beeinflussen.

Die Grünen nehmen Stellung

Die grüne Verkehrssprecherin Elisabeth Götze verteidigte das Klimaticket. Dieses sei „weit mehr als nur eine Klimaschutzmaßnahme: Es ist eine verkehrspolitische Erfolgsgeschichte mit enorm positiven Auswirkungen für die Umwelt, das Klima und die Geldbörsen der Menschen.“

Jede vermiedene Autofahrt bedeute weniger Lärm, mehr Verkehrssicherheit, geringere Schadstoffbelastung und weniger Kohlendioxid. „Das Klimaticket trägt auf vielen Ebenen zu einer lebenswerteren und nachhaltigeren Mobilität bei“, so Götze. Es sei auch eine „wirksame Antiteuerungsmaßnahme“.

Ja, das sehe ich auch so. Das Klimaticket hat positive Auswirkungen auf viele Bereiche, auch auf die, deren Berücksichtigung der RH eingemahnt hat. Außerdem ist es irrsinnig komfortabel: wo immer ich in Österreich in ein Öffentliches Verkehrsmittel einsteige, habe ich bereits ein gültiges Ticket. Ich brauche kein Auto mehr (und spare mir dadurch viele Ausgaben) und habe auch keines mehr: ich mache alles mit Rad und Öffis. Ich habe mir durch das Klimaticket sehr viel Geld erspart; die Benzinpreise sind mir (fast) wurscht geworden.

Wer mir das Klimaticket nimmt, den werde ich sicher nicht mehr wählen.


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Kommentare

4 Antworten zu „Das Klimaticket und der Rechnungshof“

  1. Avatar von Whisker
    Whisker

    „In Wirklichkeit sind sehr viel mehr Klimatickets verkauft worden, als erwartet worden war – nämlich etwa doppelt so viele. Also werden die CO2-Reduktionen auch sehr viel massiver gewesen sein.“

    Mooooment – was das „doppelt so viele“ betrifft – da muss man schon korrekt rechnen:
    Denn das Klimaticket hat bei den Verkehrsunternehmen die früheren Jahreskarten ersetzt [sic!], also muss man bei den Verkaufszahlen eigentlich all jene herausrechnen, die früher auch schon Jahreskarten hatten.

    Weil die sind ja eben KEINE „Neukunden“, sondern kaufen sich de facto noch immer dasselbe Ticket, das nur mittlerweile halt anders heißt. Und damit sind die eben kein realer Zuwachs, sondern quasi ein „Nullsummenspiel“.

    Und abgesehen davon ist die Anzahl der „Neukunden“ (also jener, die früher keine Jahreskarte hatten, aber jetzt ein Klimaticket haben) ja ebenfalls recht ordentlich angestiegen.

    Deswegen sind rhetorische Tricks, um die Zahlen NOCH besser erscheinen zu lassen, schlichtweg unnötig, wenn nicht sogar kontraproduktiv – weil wenn einem da jemand draufkommt, steht man eventuell schnell als unredlicher Schwindler da, der Zahlen „behübscht“.

    Und gerade wenn man in der Politik so lautstark mehr Ehrlichkeit, Transparenz etc. einfordert wie es grüne Parteien meist tun, muss man für sich selbst höhere Standards anlegen und selbst so „supersauber“ sein wie möglich; ansonsten steht man schnell als verlogene Heuchlertruppe da, die „auch nur schwafelt wie alle anderen“.

    1. Avatar von michael bürkle
      michael bürkle

      Vielen Dank für den Hinweis.
      Es ist schon richtig, dass Klimatickets z.T. Jahreskarten ersetzt haben, z.T. aber auch nicht. Ich hatte vor meinem ersten Klimaticket nie eine Jahreskarte; erst das Klimaticket hat mich echt überzeugt.
      Und es bleibt natürlich schon dabei: wenn es doppelt so viele Klimatickets geworden sind, ist auch ihr Effekt entsprechend gestiegen, ganz wurscht, in welchem Bereich: Treibhausgase, Luftqualität, Lärmbelastung, Stauaufkommen, Unfallzahlen. Die erwarteten Klimatickets haben z.T. andere Karten ersetzt; die nicht erwarteten z.T. auch, wenn nicht erst recht.

      1. Avatar von Whisker
        Whisker

        „wenn es doppelt so viele Klimatickets geworden sind, ist auch ihr Effekt entsprechend gestiegen“

        Jo na eh – aber da zählen eben NUR die wirklich „neuen“ Klimatickets, und darauf wollte ich hinaus.

        Weil wenn „bereits x Klimatickets verkauft wurden“, aber y Menschen davon auch schon vorher entsprechende Jahreskarten hatten, dann ist der tatsächliche [sic!] Anstieg an verkauften Tickets ja nicht x, sondern (x-y), oder?

        Und dann sag ich doch auch einfach, dass „bereits (x-y) Klimatickets verkauft wurden“.
        DIese Zahl ist dann vielleicht ein bisserl kleiner und deswegen muss man vielleicht ein bisserl länger warten, bis man Erfolge wie z.B. das 100/200/300.000. verkaufte Ticket bejubeln kann.
        Aber dafür kann einem dann halt auch niemand wegen solcher „schlampigen“ Zahlen unterstellen, dass man nicht die Wahrheit sagen würde.

        D.h. ich will kein „Wohlfühlprogramm“ aus geschönten Zahlen, sondern ausschließlich jene Zahlen, die auch tatsächlich exakt stimmen – egal wie „schön“ die dann sind.

        1. Avatar von michael bürkle
          michael bürkle

          natürlich brauchen wir keine geschönten zahlen, sondern realistische.
          aber klimaticket ist eben nicht jahreskarte. klimaticket ist der einstieg in den gesamten öffentlichen verkehr. das ist schon eine andere qualität. wie gesagt: „jahreskarten“ für bestimmte strecken hatte ich nie, klimaticket seit es das gibt.

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