Leistungsprämien
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer hat eine lohn- und einkommensteuerfreie „Leistungsprämie“ von bis zu 1.000 € pro Jahr angekündigt. „Wer Leistung bringt, soll dafür belohnt werden“, meint der Minister. (Ich finde das im Prinzip auch richtig!) Die Industriellenvereinigung unterstützt das: „Der angekündigte steuerfreie Leistungsbonus ist ein richtiger Schritt, um gezielt Anreize für individuelle Leistung zu setzen und besonders engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichtbar zu belohnen.“
Von Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen sind diese Leistungsprämien losgelöst, wenn es nach Hattmannsdorfer geht.
„Leistung“?
Die Frage, die sich mir da stellt, ist, wie man „Leistung“ genau misst oder „definiert“. Wenn das nicht geschieht, kriegt halt plötzlich der (oder die) eine einen Tausender mehr als die (oder der) andere. Wenn das nicht nachvollziehbar ist, entstehen Neid oder sehr subjektive Interpretationen von dem, wer da was „geleistet“ hat.
Ein Staatsbetrieb
Ich war auch einmal Chef: 6 Jahre Direktor eines Gymnasiums mit etwa 50 Lehrkräften. Fast alle – mit ganz wenigen Ausnahmen – habe ich als sehr motiviert und leistungsfähig erlebt und hätte all denen gern einen Tausender mehr gegeben. Manche der jüngeren Kolleg:innen waren noch ziemlich schlecht bezahlt, weil im Gehaltsschema des öffentlichen Diensts das Dienstalter eine überdimensionale Rolle spielt. All die jüngeren hätten den Tausender hervorragend brauchen können. Aber auch unter den älteren Kolleg:innen habe ich einen Einsatz (z.B.) an Coaching für die jüngeren erleben können, der im Gehalt überhaupt nicht berücksichtigt wurde, der „für Gotteslohn erbracht“ wurde und den man unbedingt „sichtbar belohnen“ hätte können.
Aber wir waren ein Staatsbetrieb und hatte keinerlei Budget für solche Extratouren: Gehälter wurde bei uns nach ganz bestimmten überprüfbaren Kriterien vergeben: i.W. für gehaltene Schulstunden. Ob diese Schulstunden brilliant oder geistreich (oder gewöhnlich) waren, ob die Stundenvorbereitung exzessiv oder eher lässig gehandhabt worden war: das hat bei der Entlohnung keinerlei Rolle gespielt. Ich glaube trotzdem, dass es mir gelungen ist, die Kolleg:innen sehr zu motivieren – aber ohne Geld und Geldgeschenke.
Ich weiß: der Vergleich hinkt
Jetzt kann man Staatsbetriebe nicht mit privatwirtschaftlich geführten Gewerbe- und Industriebetrieben vergleichen – schade oder gottseidank! Aber wie hätte ich das Problem gelöst, wenn es sich gestellt hätte? Ich hätte die Kolleg:innen den Tausender mit Begründung beantragen lassen und die Personalvertretung bei der Vergabe eingebunden. Das hätte die Angelegenheit meiner persönlichen Bewertung entzogen. Ich wäre – bei aller Einsicht – nicht in der Lage gewesen, die Leistungen von Kollegin A im Fach X und vom Kollegen B im Fach Y in Geld gegen einander abzuwägen.
Das halte ich für eine Gefahr beim Vorschlag Hattmannsdorfers bzw. der Regierung. Wer misst hier wie „Leistung“? Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen sollen ja keine Rolle spielen. Der Vorschlag ist – „im Prinzip“ theoretisch – gut, aber völlig unausgegoren und öffnet die Tür für problematische Folgewirkungen. Es braucht eine objektive intersubjektive Basis für Leistungsprämien: ich würde auf jeden Fall (auch) den Betriebsrat damit befassen.
Mich würde da Diskussion sehr (!!!) interessieren. Das Diskussionsfeld ist unten – wie immer – offen.
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