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Michael Bürkle

Warum Leute gegen Klimaschutz sind …

Multiple Krisen

Wir leben in einer Welt multipler Krisen: Kriege in aller Welt, sogar schon in der Nähe; Wirtschaftskrisen mit Arbeitslosigkeit und / oder Inflation; Krisen in den besten Gesundheitssystemen – von den schlechteren gar nicht zu reden; Krisen in Bildungssystemen, die u.a. von Vielsprachigkeit und KI überfordert werden; Krisen im Bereich von Migration, Asyl und Flucht – was nicht dasselbe ist. Wir sehen Krisen der Demokratie(n), die durch globale Autoritarismen herausgefordert werden. Und vor Kurzem hat es noch eine globale Pandemie gegeben, deren Nachwirkungen immer noch spürbar sind.

Hab ich was vergessen? Ach ja: eine globale Klimakrise, die sich immer mehr und immer stärker bemerkbar macht.

Aus meiner Sicht ist die Klimakrise, der menschengemachte Klimawandel die „Mutter aller Krisen“. Manche der anderen Krisen stammen direkt aus ihr ab; und wenn unser Lebensraum, die Biosphäre des Planeten durch den Klimawandel zerstört ist, dann erübrigen sich Kriege, Migration, Inflation, KI, Bildung, Gesundheit: denn dann hat sich die Menschheit endgültig und bleibend disqualifiziert. Der Planet kommt auch ohne Menschen gut aus, vielleicht sogar besser.

Treffen sich 2 Planeten im Weltall. Fragt der eine, na wie gehts? Sagt der andere: Ui, schlecht. Der eine: Was hast denn? Der andere: Homo sapiens. Der eine: Ach, mach dir nix draus, das geht vorbei.

Ich verstehe, dass nicht alle meine Leser:innen meine „Rangordnung“ der Krisen teilen werden. Für viele ist der Erhalt, die Stärkung der Demokratie genau so wichtig wie der Kampf gegen den Klimawandel. Für viele ist die Inflation das schlimmste. Ich mag da nicht streiten. Aber jedenfalls ist die Klimakrise – oder eher wohl schon Klimakatastrophe – etwas, das global die Grundsätze aller menschlichen Gesellschaften in Frage stellt.

COP30

Am 10.11., am Montag beginnt der 30. globale Versuch, der Klimakrise über globale Beratungen und Beschlüsse Herr zu werden: die COP30 in Belém, Brasilien. Wir sind schon durch mehrere sehr „schwache“ COP-Konferenzen ziemlich enttäuscht worden; vielleicht passiert im brasilianischen Amazonien endlich Erfolgreiches.

Im Herbst 2o24 hatte ich ein bleibendes Erlebnis. Bei einer Straßenveranstaltung zur Stärkung der Demokratie kam ich mit einem Passanten ins Gespräch. Er sagte mir, er glaube nicht an den Klimawandel. Ich hielt dagegen, das sei keine Glaubensfrage, der menschengemachte Klimawandel sei wissenschaftlich nachgewiesen: bestens von hochkompetenten Expert:innen aus aller Welt belegt. Er schien da nicht ganz überzeugt.

Offensichtlich gibt es Menschen, die nicht an den Klimawandel „glauben“. Für mich ist das unverständlich: der ist bestens nachgewiesen. Es ist keine Glaubensfrage.

Meine vielleicht etwas naive Interpretation bisher war:

(a) Es gibt sehr viele Menschen, die den Klimawandel sehen, mehr oder minder begreifen und Maßnahmen wünschen (und sogar bereit sind, da etwas zu tun). Laut zuverlässigen Umfragen sind das an die 90% der Bevölkerung(en): die meist schweigende Mehrheit

(b) Es gibt Menschen, die den Klimawandel sehen und mehr oder minder begreifen, aber denen Maßnahmen egal sind, weil sie schon sehr alt oder sehr reich sind und die Chance sehen, der Katastrophe zu entkommen. Oder weil sie sehr arm sind und sowieso keine Chance sehen.

(c) Es gibt Menschen, die den Klimawandel sehen und mehr oder minder begreifen, aber die keine Maßnahmen dagegen wollen, weil sie meinen, dass Maßnahmen ihre momentanen Geschäfte stören und ihre momentanen Geschäfte ihnen wichtiger sind als etwas, das „vielleicht“ in der Zukunft passiert. (Da gehören viele CEOs und konservative und rechtsextrem-populistische Politiker dazu.)

(d) Es gibt Menschen, die den Klimawandel nicht sehen, weil sie ihn nicht sehen wollen. Sie sehen auch keine Maßnahmen ein. Sie „glauben nicht“ an den Klimawandel

Desinformation

Heute gibt es im ORF unter dem Titel „Neue Taktiken der Desinformation“ einen sehr interessanten Artikel über verschiedene Formen, wie man Menschen dazu bringen kann, die Augen vor dem Klimawandel zu verschließen. Der Artikel nimmt Bezug auf eine „Recherchekooperation europäischer Medien, darunter der ORF“, die sich im Vorfeld der COP30 die „am häufigsten kursierenden Behauptungen genauer angesehen und dafür Zehntausende Beiträge auf X untersucht“ hat. „Zehntausende Beiträge auf X“ – das muss ein Tschoch gewesen sein.

Der Sukkus des Artikels ist in etwa:

Wenn wir irgendein Problem entwerfen müssten, für das der menschliche Geist nicht gemacht wäre, dann würde der Klimawandel alle Kriterien erfüllen“, sagte [der Leiter der Klimafolgenforschung bei der GeoSphere Austria, Marc] Olefs. Man habe psychologische Distanz, viele Einzelinteressen und nicht zuletzt: „Die Klimakrise ist im Prinzip eine Katastrophe in Zeitlupe.“

Ja, das würde einiges erklären. Ein Problem, „für das der menschliche Geist nicht gemacht“ ist. Wir – als Menschheit – sind für dieses Problem vielleicht zu dumm, zu egoistisch, zu kurzsichtig, zu mutlos. Vielleicht aber auch nicht. Am Montag beginnt die COP30.


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