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Michael Bürkle

EU: Lieferkettengesetz verwässert

Nur mehr sehr geringe soziale und ökologische Kontrolle

Das EU-Lieferkettengesetz hätte ein sehr brauchbares Werkzeug für soziale und ökologische Aspekte im globalen Handel werden können. An sich nicht zu viel verlangt: Unternehmen hätten über ihre Produkte Informationen führen müssen, die entlang der Lieferkette eine Kontrolle sozialer und ökologischer Mindeststandards ermöglicht hätten. Das hätte vor allem größere Unternemen betroffen; durch eine Abstimmung im EU-Parlament wurden heute aber wesentliche Parameter verschoben:

Ursprünglich wollte die EU mit dem Lieferkettengesetz Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und 450 Millionen Euro Jahresumsatz für Menschenrechts­verletzungen und Umwelt­verschmutzung in ihrer Produktion in die Pflicht nehmen.

Die Mehrheit im Europaparlament will diese Schwelle nun auf mindestens 5.000 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro anheben.

Nach der Abstimmung müssen also nur mehr „Große“ die sozialen und ökologischen Kriterien nachweisen. Außerdem wurden noch einige „Nebenbedingungen“ – sagen wir: – „konzernfreundlicher“ gestaltet: man muss nicht mehr die gesamte Lieferkette kontrollieren, sondern nur mehr dort, wo man ein hohes Risiko für Verstöße vermutet; und Haftungsfragen bei Verstößen werden nicht EU-weit geregelt, sondern in den Mitgliedsstaaten.

Das wichtigste Argument dagegen war die „Bürokratie“; die hätte man auch relativ unbürokratisch fassen können, meine ich.

Wer hat wie abgestimmt?

Da kann man spekulieren. Ursprünglich hatte sich für die strengere Fassung des Lieferketten­gesetzes eine Koalition aus EVP (ÖVP etc.), S&D (SPÖ etc.) und Liberalen (NEOS etc.) eingesetzt. Diese Koalition brachte aber eine Abstimmung knapp nicht durch. Nun haben offensichtlich Konservative und Rechts-außen-Fraktionen eine andere Mehrheit erreicht. Nach Schuldigen wird gesucht …

Die ÖVP sieht sich als Kämpferin gegen „Überregulierung“; die FPÖ präsentiert sich als Retterin von kleinen und mittleren Unternehmen. Beides ist meines Erachtens maßlos überzogen. Eine „Überregulierung“ hätte man ohne Weiteres durch entsprechende Verordnungen verhindern können; Kleinunternehmen waren sowieso nicht betroffen.

Eine Chance verpasst

Die EU hat eine Chance verpasst, einen sowieso wild gewordenen Welthandel in soziale und ökologische Rahmenbedingungen einzupassen. Die Marktmacht der EU hätte da einiges bewirken können. Aber wieder haben sich „die Europäer“ nicht getraut, ihre Power gegenüber den anderen Zentren des Welthandels auszuspielen – so wie bei Trumps Zöllen auch schon nicht.

Es fehlt an europäischem Selbstbewusstsein.


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