Keine Mehrheit für Merz im 1. Wahlgang
Bei der Abstimmung im deutschen Bundestag ist der Kanzlerkandidat von CDU, CSU und SPD, Friedrich Merz, heute nur auf 310 Stimmen gekommen; 316 wären für eine Mehrheit nötig gewesen; CDU/CSU und SPD haben zusammen 328 Mandate.
Offenbar gibt es in mindestens einer der Fraktionen einigen Widerstand gegen Merz (oder die Koalition an sich, oder das Regierungsprogramm …). Ob sich das auf die Schnelle kitten lässt, bezweifle ich.
Das ist neu. Noch nie ist nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen ein Kanzlerkandidat im ersten Wahlgang gescheitert.
Wie geht es kurzfristig weiter?
Nach dem deutschen Grundgesetz (Art. 63) kann es innerhalb der ersten 2 Wochen nach dem Wahlgang beliebig viele Wahlgänge geben. Wenn Merz glaubt, eine Mehrheit zu schaffen, kann er sich jederzeit wieder zur Wahl stellen.
Nach zwei Wochen ändern sich die Voraussetzungen; das Grundgesetz sagt im Art. 63 (4):
Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.
Dann geht es also nicht mehr um die absolute Mehrheit der Stimmen, sondern nur mehr um die relative.
Wie geht es langfristig weiter?
Die drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD haben numerisch eine knappe Mehrheit von 328 von 630 Mandaten. Diese Mehrheit ist nicht wirklich sicher und stabil, wie die Abstimmung heute gezeigt hat. Deutschland steht aber vor großen Herausforderungen. Es war nötig, die Grünen für eine Grundgesetzänderung noch im „alten“ Bundestag zu gewinnen; die haben das mitgetragen und damit einen beachtlichen Ansatz für Klimaschutz in das Regierungsprogramm hineinverhandelt.
Diese Koalition wird gut beraten sein, wenn sie eng mit den Grünen zusammenarbeitet.
Sollte es innerhalb der nächsten 2 Wochen aber zu keiner Kanzlerwahl von Friedrich Merz – also zu keiner absoluten Mehrheit – kommen, muss man wohl auch über eine Erweiterung der Koalition nachdenken.
Ergänzungen um 17:30
Zweiter Wahlgang am Nachmittag: Merz kommt auf 325 Stimmen
Das kurzfristige Problem wurde noch heute gelöst. In einem zweiten Wahlgang kam Friedrich Merz auf 325 Stimmen, 15 mehr als am Vormittag und 9 mehr als notwendig. Von den 328 Abgeordneten von CDU (164), SPD (120) und CSU (44) wichen nur mehr 3 von der Parteidisziplin ab.
Das langfristige Problem hat sich damit nicht gelöst, meine ich. Die deutsche Bundesregierung aus CDU, SPD und CSU verfügt nur über eine knappe und wacklige Mehrheit. Es wird der Zusammenarbeit mit anderen Parteien des demokratischen Spektrums bedürfen.
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