Patriotismus – ein häufig missbrauchter Begriff
Der Parteiobmann der FPÖ Kickl hat heute am Gipfeltreffen der europäischen Rechtsaußenfraktion „Patrioten für Europa“ per Videoschaltung teilgenommen. Damit ist klar, in welcher Gesellschaft sich die FPÖ wohlfühlt: das sind rechtsextreme Parteien, die unter dem Mäntelchen des Patriotismus die EU demontieren wollen, die Klima- und Umweltpolitik im Allgemeinen umdrehen wollen und denen „Migration“ ein Greuel ist. (Man versucht zwar zu beschönigen: man sei nur gegen „illegale Migration“ und „Patriotismus“ sei als Liebe zur Heimat doch etwas Schönes.)
Problem
Das Problem ist: wenn jeder seine Heimat „liebt“, liebt jeder etwas Anderes. Aus dem Widerstreit verschiedener Patriotismen ist wohl die Mehrzahl aller Kriege entstanden. Deutsche „liebten“ Deutschland, Franzosen Frankreich: auf der Basis konnte man sich sehr gut die Köpfe einschlagen. Eine „Internationale der Nationalen“ ist ein Widerspruch in sich selbst. Das ist zum Scheitern verurteilt.
Wir sollten (wenn, dann) den Patriotismus „breit“ sehen: sehr breit. Ich fühle mich am ehesten als Europa-Patriot; eigentlich als Global-Patriot, als „Kosmopolit“: ich finde die gesamte Erde als Lebensraum super. Wir sollten die gesamte Erde, die gesamte Biosphäre als Lebensraum erhalten: nicht nur das jeweilige Heimatland. Der Kapitalismus ist global; das Klima ist global: sie kennen keine Grenzen; wir müssen also auch beim Schutz der „Heimat“ global denken.
Kein Wunder, dass die sog. „Patrioten für Europa“ den Green Deal der EU abschaffen wollen. Kein Wunder, wenn Kickl „Macht Europa wieder groß“ tönt und damit Trump imitiert. Er ist mit Trump scheinbar einer Meinung und beide haben damit völlig gegensätzliche Interessen!
Sonderproblem „Migration“
Migration gibt es in verschiedenen Formen mit verschiedenen Gründen. Man kann „migrieren“ (eigentlich: „wandern“) aus Flucht: weil die (im weiteste Sinn politischen) Zustände im sog. „Heimatland“ nicht auszuhalten sind. Ich verstehe jede Afghanin, die aus Afghanistan fliehen will; sie soll im vernünftigen Teil der Welt Asyl beantragen können, wo immer sie das braucht. Wer aus im weitesten Sinn politischen Gründen flüchtet, hat Recht auf Asyl. – Das wollen diejenigen, die „Migration“ stört, nicht anerkennen. Sie denken sogar über „Umformulierungen“ der Menschenrechte nach, weil die Menschenrechte sie stören; sie wollen Asylrechte abschaffen.
Migration gibt es auch als Weggang nicht aus politischen Gründen, sondern weil die ökonomische Basis irgendwo nicht funktioniert. Das sind dann die von den Rechten so genannten „Wirtschaftsflüchtlinge“. Die wollen sie aber auch nicht. Dabei sind Generationen von sog. „Gastarbeitern“ aus dem Balkan und der Türkei aus solchen Gründen gekommen. Sie waren willkommen – weil unsere Gesellschaften sie dringend gebraucht haben. Und wir müssen heute noch froh sein, dass es diese Migration gibt: wir brauchen diese Menschen für unseren Arbeits-„markt“ (ein grässliches Wort) und für unser Sozialsystem. Sind wir uns darüber im Klaren, dass große Teile Europas – und jedenfalls Österreich – Zuwanderung dringend braucht.
Welche „legale“ Migration wollen die Rechten? Naja: sie wollen sich an der Grenze aussuchen, wen sie unmittelbar „brauchen können“ – und die Menschen, die sie nicht (mehr) brauchen, zurückschicken. Aber so einfach ist das nicht mit Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben.
Kurz: Migration hat es immer schon gegeben. Unsere Gesellschaften brauchen dringend Migration, wir brauchen Migrantinnen und Migranten. Und wer aus politischen Gründen flüchtet, hat sowieso Anspruch auf Asyl. Und das soll auch so bleiben.