Ich kann ja eigentlich …
… mit Patriotismus nix anfangen. „Patriotismus“: das ist „Liebe zum Vaterland“ oder „Vaterländische Gesinnung“. Das ist nicht meins. Ich habe 18 Jahre in Vorarlberg gelebt und jetzt schon 50 Jahre in Tirol. Tiroler wird man sowieso erst nach Generationen; Vorarlberger bin ich nicht mehr wirklich. Ja, ich bin Österreicher und schätze Österreich als liberales Land, in dem soziale Gerechtigkeit noch (wenigstens ein bisschen) was zählt und sehe aber auch viele österreichische Dummheiten. Ja, Österreich ist „schön“, aber dafür können wir nur so viel, dass wir noch nicht allzu viel von dieser Schönheit zerstört haben. Stolz und patriotisch müssen wir da nicht werden.
Ich fühle mich als Europäer; das ist derzeit leicht im Kontrast zu den Zuständen in den USA. Ich bin Kosmopolit; ich könnte fast überall leben, wo es nicht zu heiß oder zu kalt ist. Nette Menschen gibt es überall; weniger nette leider auch.
Ich weiß, dass …
… das von anderen Menschen und in anderen Ländern anders gesehen wird. Für mich ist diese übertriebene „Liebe“ zu einem Land immer wieder gefährlich. Unter dem Schlagwort Patriotismus werden auch Chauvinismus und Arroganz verkauft. Trump 2.0 sieht sich anscheinend als „Patriot“ und „verkauft“ sich auch so – obwohl ich ihm das nicht abnehme; was er an den USA schätzt, ist vermutlich primär sein Besitz bzw. sein Bankkonto, sein Einfluss. Und dass er immer wieder ungestraft „davon gekommen“ ist.
(Auch im Europäischen Parlament versammeln sich rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien aus Frankreich, Ungarn, Österreich, Spanien, Italien, den Niederlanden und Belgien als „Patrioten für Europa“. Mit deren „nationalen Patriotismen“ möchte ich nichts zu tun haben.)
Eine junge Tennisspielerin
Coco Gauff, eine 21-jährige Tennisspielerin aus den USA, hat die „French Open“ gewonnen, eines der wichtigsten Tennis-Turniere. Und ihr nehme ich eine Art „positiven Patriotismus“ tatsächlich ab. „In der Stunde des sportlichen Glücks dachte die 21-jährige US-Amerikanerin aber nicht nur an sich und die Höhen und Tiefen, die sie trotz ihres jungen Alters bereits erlebt hat. Vielmehr bettete sie das Geschehene in den ganz großen Kontext ein und widmete den Titel all jenen Menschen, die in den USA unter der Politik des aktuellen US-Präsidenten Donald Trump leiden“ – schreibt der ORF. Es bedeute ihr viel, eine Repräsentantin „für Menschen zu sein, die so aussehen wie ich und die sich in der aktuellen Phase nicht besonders unterstützt fühlen“, meinte sie laut n-tv. Und dann heißt es noch: „ich bin definitiv patriotisch und stolz, Amerikanerin zu sein“, und „ich bin stolz darauf, die Amerikaner zu repräsentieren, die so aussehen wie ich und diejenigen, die die Dinge unterstützen, die auch ich unterstütze.“ Es geht offensichtlich nicht nur um das Aussehen, sondern auch um das, was man denkt und unterstützt.
Ich kann mir schwer vorstellen, dass im Oval Office die Sektkorken geknallt haben, als Gauff ihren Matchball verwandelte. Barack und Michelle Obama haben ihr aber gratuliert, kann man lesen.
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