Veröffentlicht in allgemein, Bildung, Politik

Platter und der Pranger

Deutschland verlängert die Grenzkontrollen zu Österreich, speziell zu Tirol. Wie reagiert der Tiroler Landeshauptmann? Er regt sich darüber auf, dass Tirol schon wieder „an den Pranger gestellt“ werde. Immer wieder fällt Platter dieses Wort aus dem Mund. Schon zur Causa Ischgl sah er sich (nein: „sein“ Land) „an den Pranger gestellt“. Und immer wieder seither.

Hat der Tiroler Landeshauptmann eine Vorstellung von einem „Pranger“? Kennt er den „Pranger“ aus seiner Zeit als Gendarm? Hat er eine Ahnung, wer ihn da versteht? Ich glaube: 3 mal „Nein“.

Der „Pranger“ war ein mittelalterliches Straf- und Folterwerkzeug; Wikipedia sagt:

Der Pranger, Schandpfahl oder Kaak war ein Strafwerkzeug in Form einer Säule, eines Holzpfostens oder einer Plattform, an denen ein Verurteilter gefesselt und öffentlich vorgeführt wurde. Zunächst Folter-Werkzeug und Stätte der Prügelstrafe (Stäupen), erlangten Pranger ab dem 13. Jahrhundert weite Verbreitung zur Vollstreckung von Ehrenstrafen.

Einer der letzten Fälle von „an den Pranger stellen“ scheint lt. Wikipedia 1853 in Berlin vorgekommen zu sein. In dieser Zeit lebt offenbar noch der Tiroler Landeshauptmann. „Landeshauptmann“?

(Ja, eh: schon der Titel „Landeshauptmann“ hat durchaus etwas Mittelalterliches. Er erinnert mich an Bauernkriege und Bauernaufstände. Andreas Hofer 1809. Michael Gaismair 1525. Die kannten auch beide noch den Pranger. Nach beiden sind in Innschbruckh Straßen benannt. )

Nein, Gendarm Günther Platter hat nie jemanden an den Pranger gekettet; das müsste er sich wirklich nicht vorwerfen lassen. Trotzdem spukt diese mittelalterliche Form der öffentlichen Schande in Platters Kopf herum – z.B. wenn Deutschland die Grenzen zu Tirol relativ dicht macht. Welch Unsinn. Man muss sich fremdschenieren. Niemand stellt das Land Tirol an irgendeinen „Pranger“. Aber man kann mit dem Tiroler Krisenmanagement durchaus unzufrieden sein und Fehler erkennen und benennen. Das ist normal.

Subscribe
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments