Ein Missverständnis; vielleicht ein absichtliches.
Stromhaushalt der Erde
Immer wieder liest man, dass mit dem steigenden Stromverbrauch der Welt eine Renaissance der Atomkraft verbunden sei. Das beruht offenbar auf Missverständnissen, wie der akribische Artikel „Die übersehene Revolution“ von Christian Stöcker in „Spiegel Wissenschaft“ vom 6.4. zeigt. Ich möchte hier anhand des Artikels zur Verbreitung der Informationen beitragen.
Strombedarf
Tatsächlich steigt der Strombedarf des Globus; das ist nicht gut, weil wir diesen Strom erst produzieren müssen. (Wir müssen lernen zu sparen. Wir alle, aber in manchen Bereichen speziell die USA.) Der Strombedarf ist im Jahr 2024 um ca. 4,3% gestiegen. Warum? Zunahme der Elektromobilität, Klimaanlagen (weil es heißer wird), Umstellung von ganzen Industriezweigen und – last not least – für die KI.
Stromproduktion
Aber auch die Stromproduktion ist 2024 gestiegen. Die Produktion erneuerbarer Energien (v.a. Solar, Wind) ist um 585 GWp (Gigawatt-Peak) gestiegen. Aber auch Atomkraft ist um ca. 8 GW mehr ans Netz gegangen.
Das ist keine Renaissance der Atomkraft. Das ist – gottseidank! – bloß eine Stagnation.
Bedarf und Markt
Im Wesentlichen und zunehmend wird der steigende Strombedarf durch die erneuerbaren Energien ausgeglichen; ich zitiere Stöcker:
„Der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Kapazitätszuwachs beim Strom auf dem Planeten Erde lag:
* 2022 bei 80 Prozent
* 2023 bei 86 Prozent
* 2024 bei 92,5 Prozent“
Tatsächlich ist die Stromerzeugungskapazität zwischen 2020 und 2024 im nuklearen Bereich i.W. konstant und niedrig geblieben: von Renaissance keine Rede. Die Produktionskapazität im Bereich fossiler Energien steigt immer noch – leider!, aber das Wachstum geht zurück. Im Bereich der Wasserkraft gibt es auch eine Steigerung der Kapazitäten, aber sie ist gering: Wasserkraft hat nicht mehr viel Ausbaupotenzial. Im Bereich der Solarenergie und der Windkraft steigt die Stromproduktionskapazität zwischen 2020 und 2024 aber (jedenfalls einstweilen) exponenziell, bei Sonne schneller, bei Wind etwas langsamer:
Atom? Nein!
»Die Anzahl der Länder, die neue Atomkraftwerke bauen, nahm im Jahr 2024 ab.« Tatsächlich stagniert die installierte Leistung aus Atomkraft, und zwar schon seit vielen Jahren, denn Atomkraft ist sehr teuer. Das Wachstum der nuklearen Stromproduktion, das die IEA für das Jahr 2024 verzeichnet, basiert maßgeblich auf »wieder aufgenommenem Betrieb mehrerer Reaktoren in Frankreich und Japan«, wie die IEA in ihrem Bericht erläutert.
Nichts Neues!
Ja, wir müssen schnellstens raus aus den fossilen Brennstoffen: es wird immer absurder, mit Kohle und Gas Strom zu produzieren. Wasserkraft wird uns nicht retten; Atomkraft schon gar nicht. Sonne und Wind heißen die Lösungen. (Das könnte man jetzt auch auf das Kaunertal und die TiWAG anwenden.)