michael bürkle

texte … zu bildung, politik und ähnlichem und die einladung zur diskussion …

Michael Bürkle

Ungarn und „die Antifa“

„Die Antifa“ als Terrorgruppe in Ungarn?

„Ungarn listet Antifa als „Terrorgruppe““ lese ich heute in ORF online. „Spinnen die Ungarn jetzt auch schon?“, fragt man sich unwillkürlich. „Die Antifa“ ist keine Gruppe; diese „Gruppe“ kann man also nicht verbieten; das ist an sich nicht so schwer zu kapieren – s. mein Artikel „Ich bin auch antifa …“ vom 24.9.

Auch der Standard titelt: „Ungarn listet Antifa unter „terroristische Gruppen““. Und viele andere Medien machen auch keine Unterschiede zwischen einer vermeintlichen Organisation und einer politischen Einstellung.

Aber wenn man genau liest, stellt sich ein etwas anderer Sachverhalt heraus. Ungarn hat im Amtsblatt ein Dekret veröffentlicht, das eine Liste terroristischer Organisationen anordnet.

Jetzt ist schon klar, dass Ungarns Ministerpräsident Orbán in Trump 2.0 (und auch in Putin!) ein großes Vorbild sieht, aber er geht doch ein bisschen vorsichtiger vor als das Vorbild. Zunächst geht es nur um die Anordnung, eine Liste terroristischer Organisationen festzustellen. Ja, das kann man machen. Fragt sich nur, wie man terroristisch definiert. Man könnte das anhand von begangenen Straftaten bewerkstelligen. Ich bin gespannt, wie die Ungarn das definieren wollen.

Was ist „die Antifa“?

Der Wikipedia-Artikel zum Begriff „Antifa“ macht das deutlich: „Dabei handelt es sich um Ideen und Verhaltensweisen einer sozialen Bewegung ohne Organisationsstruktur, Anführer und Hauptquartier. […] Bei den von der Antifa durchgeführten Aktivitäten handelt es sich unter anderem um Recherchen, Aufklärung sowie Dokumentation und Verbreitung von Informationen über rechtsextreme und rechtskonservative Strömungen.“

Orbán und die Antifa

Orbán selbst wird im Standard zitiert mit „Man muss sagen, dass die Antifa und ihre Unterorganisationen terroristische Organisationen sind“ – das ist natürlich der von Trump 2.0 abgeschriebene Unsinn. Aber es geht da offenbar vor allem um eine Gruppe, die deutsche „Hammerbande/Antifa Ost“, die mit Hämmern vermeintliche Rechtsextremisten angegriffen und z.T. schwer verletzt hat und das mit dem Etikett „Antifa“ verbunden hat – und die auch schon in Ungarn aufgefallen ist. Die „Hammerbande“ ist aber eben keine „Unterorganisation“ „der Antifa“; eine Organisation „Antifa“ gibt es nicht.

Wenn Ungarn die „Hammerbande“ als terroristische Organisation einstufen will und dafür genügend Indizien vorlegen kann, wird die Hammerbande auf der Liste stehen. „Auch wenn sie noch keine Verbrechen begangen hätten, müssten Maßnahmen gegen sie ergriffen werden, bevor sie welche begehen“, fügte Orbán hinzu. Das wiederum sprengt die Regeln der Rechtsstaatlichkeit. Für Taten, die man nicht begangen hat, kann man nicht bestraft werden. Strafen „im Voraus“ darf es nicht geben.


Beitrag veröffentlicht

in

,

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

0
Would love your thoughts, please comment.x