Europäisches Wunschdenken?
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, eine liberale estnische Politikerin, hat heute beim „Doha Forum“, einer internationalen Konferenz, die USA als weiterhin „größten Verbündeten“ der EU bezeichnet, meldet der ORF. Das als Reaktion auf die „Veröffentlichung der neuen nationalen Sicherheitsstrategie der USA mit einer deutlichen Distanzierung von Europa“. Es gebe zwar viel Kritik zwischen beiden Seiten, „aber ich denke, das übergreifende Prinzip ist immer noch da“, so Kallas.
Ich halte das für eine Fehleinschätzung, für politisches Wunschdenken oder für einen Versuch der „Umgarnung“ des US-Präsidenten Trump 2.0. Oder einfach für naiv.
Die Realität
Die heutigen USA machen immer wieder mehr als deutlich, dass sie mit der Politik der EU absolut nicht übereinstimmen, dass sich die EU militärisch (und auch ökonomisch, ökologisch sowieso!) auf eigene Beine stellen muss, da die USA die NATO-Beistandspflicht keineswegs mehr als gegeben betrachten.
Ich halte das auch für normal: man kann als liberale parlamentarische Demokratie(n) nicht mit einem autoritaristischen System auf Augenhöhe verhandeln oder agieren. Das sind zwei verschiedene Welten. Man kann wie Frau Kallas das „beschwören“, wie es im ORF-Artikel heißt, aber das ist Mythologie, nicht Politik. Frau Kallas kommt aus Estland; klar wäre es aus estnischer Perspektive praktisch, wie früher einen „großen Bruder“ im Rücken zu haben. Aber „früher“ ist vorbei.
Die Zukunft
Eventuell kehren die USA nach ein paar Jahren im taumelnden Rausch des Ballsaals im Weißen Haus wieder zu einer funktionierenden Demokratie zurück – das ist denkbar, aber keineswegs sicher. Aber einstweilen diktieren die USA Kriege und sogenannte „Friedensschlüsse“ in Verbindung mit globaler wirtschaftlicher Ausbeutung. Auch die Menschenrechte sind in den USA nicht mehr sicher gegeben.
Ich bin dafür, dass die EU und andere europäische Staaten – das UK und einige neutrale wie die Schweiz, am besten ohne Ungarn – ein gemeinsames Verteidigungsbündnis jenseits der NATO bilden – aber ein Verteidigungsbündnis, kein Kriegsbündnis. Wir müssen keine Angriffswaffen anschaffen, wir brauchen keine „Erstschlagskapazitäten“: da fallen einige sehr teure Anschaffungen weg.

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