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Die Verrückten sterben nicht aus

Vorwahlen in Argentinien: ein „Anarchokapitalist“ will Präsident werden

Bei den in Argentinien gesetzlich vorgeschriebenen Vorwahlen hat ein sog. „Anarchokapitalist“, Javier Milei, am meisten Stimmen erzielt.

Ein Missverständnis

Dabei ist „Anarchokapitalismus“ ein großes Missverständnis. Es handelt sich einfach um ein brutalen, großmäuligen Kapitalismus, der am liebsten auf Staat, Steuern und öffentliches Recht und jede Regulierung verzichten will. Das ist an sich nicht ernst zu nehmen; es ist ein Rückfall in das Recht des jeweils (finanziell) Stärkeren. Es geht da beinhart um die Interessen sehr weniger gegen die Interessen der großen Mehrheit der Menschen auf einem Globus, auf dem sich die Probleme nicht mehr in Kolonien exportieren lassen.

(Wir haben das in den letzten Jahren immer wieder: Donald Trump passt da nicht schlecht dazu, Jair Bolsonaro ebenfalls, andere Autokraten in gewissem Sinn auch.)

Dass sich solche Typen immer wieder durchsetzen, ist aus meiner Sicht ein Zeichen einer globalen Krise der Demokratie; die Krise der Demokratie ist meines Erachtens direkt verwoben mit einer globalen Krise, die sich auch im Klimawandel zeigt und die sich letztlich zwischen (global) reich & privilegiert vs. (global) arm & ausgebeutet abspielt.

Anarchie und Anarchismus

Vor allem hat das nichts mit Anarchie oder Anarchismus zu tun: das eine meint einen „Zustand der Abwesenheit von Herrschaft“, das andere meint „eine politische Ideenlehre und Philosophie, die Herrschaft von Menschen über Menschen und jede Art von Hierarchie als Form der Unter­drückung von Freiheit ablehnt.“ Das kann man auch bei Immanuel Kant schon finden: Anarchie ist bei ihm „Gesetz und Freiheit ohne Gewalt“. (In diesem Sinn bin auch ich Anarchist. Damit bin ich selbstverständlich gegen Gewaltanwendung, also z.B. gegen Attentate. Alles andere wäre ebenfalls ein Missverständnis.)

Milei

Javier Milei hat das große Maul, das ein Brutalkapitalist braucht. Der ORF zitiert ihn:

Bevor er Steuern erhöhe oder einführe, würde er sich „eher einen Arm abhacken“

Ich nehme nicht an, dass dieses Großmaul die argentinischen Wahlen gewinnen wird – obwohl Argentinien in vieler Hinsicht ein „failed state“ ist und ich die Verzweiflung vieler Argentinier*innen ob ihrer politischen Kaste – Peronismus hin oder her – verstehe; ich nehme an, dass viele diesen Herrn bei den Vorwahlen als „Druckmittel“ in die Politik gewählt haben – so wie manche auch in Österreich bzw. Deutschland die FPÖ bzw. die AfD wählen würden. Das Dumme ist halt: wenn die Leute nicht aufpassen und 50% das jeweilige Großmaul „bloß“ als Oppositionsführer wählen, ist der in der Regierung. Das ist den Amis schon einmal passiert.

Wenn die Argentinier*innen Milei zum Präsidenten wählen, wird er bald ohne Arme dastehen, in etwa wie der „schwarze Ritter“ in „Die Ritter der Kokosnuss“. Monty Python hats gefilmt, schon 1975.

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