Es ist der 8. Oktober; in einer Woche wird gewählt. Ich bin mir noch nicht völlig klar. Aber es wird langsam.
Was nicht?
Ich kann Parteien, die über die Senkung der Steuer- und Abgabenquote aktiv an einem Abbau des Bildungs-, Sozial- und Gesundheitssystems arbeiten, nicht wählen. Damit fallen ÖVP, FLÖ und FPÖ weg – und eigentlich auch die Neos. Das sagt mir auch wahlkabine.at, die diese Parteien – und zwar genau in dieser Reihenfolge – als die mir am fernsten ausweist. Da spielen dann dumme Gegenüberstellungen wie Islam vs. Islamisierung gar keine Rolle mehr; da sind mir dann auch dumme Slogans wie „Es ist Zeit“ oder „Jetzt. Oder nie!“ egal. Nein, nicht nur jetzt nicht. Sondern eben nie.
(Ich persönlich bin gut verdienender österreichischer Beamter. Steuersenkungen würden mir kurzfristig nützen. Aber langfristig ist mir ein gutes Bildungs-, Sozial- und Gesundheitssystem mehr wert als einige zusätzliche Euro am Konto.)
Parteien ohne Programm – die „Weißen“ oder Düringers „Gilt“ – sind für mich auch nicht wählbar.
Die SPÖ hat sich in einem tiefen Korruptionsstrudel verfangen. Inwieweit sie selbst Täterin oder Opfer ist, wird sich vor dem 15.10. nicht mehr klären lassen. Die SPÖ braucht eine grundlegende Erneuerung, sie braucht eine Rückkehr zu echt sozialdemokratischen Werten und Positionen. Die SPÖ hat gute Leute, aber ihr System ist krank. In Niederösterreich würde ich die SPÖ vielleicht sogar wählen – wegen ihrer dortigen Spitzenkandidatin, Bildungsministerin Sonja Hammerschmid.
Was bleibt?
Dann bleiben noch KPÖ Plus, die Grünen und die Liste Pilz.
Eine Stimme für die KPÖ Plus wird de facto eine verlorene Stimme sein. Das K verhindert, auch nur annähernd an die 4% heranzukommen. Wir brauchen eine demokratische Linke. Das kann die KPÖ noch nicht einlösen, auch nicht mit den ehemaligen „Jungen Grünen“.
Die Grünen haben seit April eine Katastrophenserie hinter sich. Kein Fettnäpfchen war versteckt genug. Den Ausschluss der eigenen Jugendorganisation habe ich persönlich mit meinem Austritt beantwortet. Die Nicht-Wahl von Pilz – zugunsten von Julian Schmid (wer?) – am Bundeskongress war ein Schuss ins eigene Knie. Plakate wie „Sei ein Mann: wähl eine Frau“ sind an subtiler Dummheit kaum zu überbieten.
Ich hätte Peter Pilz gern im Parlament; er hätte dort noch Aufgaben zu erledigen. Aber mit seiner Kandidatur hat er sich gravierend verkalkuliert. Er hat sich offenbar tatsächlich eingebildet, Protest- und NichtwählerInnen über das Potenzial der Grünen hinaus ansprechen zu können, eine Naivität, die eines erfahrenen Politikers unwürdig ist: es funktioniert nicht, sagen uns die Umfragen – bei aller Vorsicht gegenüber Umfragen. Tatsächlich läuft die Kandidatur der Liste Pilz einfach auf eine Aufteilung des grünen Potenzials hinaus.
Pilz‘ KandidatInnen haben Stärken und zeigen auch extreme Schwächen. Ich hätte gern Renée Schroeder, die Salzburger Spitzenkandidatin von Pilz, im Parlament. Aber die Tiroler Spitzenkandidatin, die Tiroler Liste überhaupt macht einen extrem schwachen Eindruck. In Salzburg würde ich vermutlich Pilz wählen, aber in Tirol? Nein, eine Liste mit Chelucci und – ja, immer noch! – Schlögl (vgl. TT, Blog Gebi Mair) an den ersten beiden Plätzen, eine Liste, die im Tiroler Oberland, im Tiroler Unterland und in Osttirol de facto nicht existiert, kann ich nicht wählen.
Es braucht eine grüne Partei. Es braucht eine stark verkleinerte grüne Partei im Parlament, die um eine massive Erneuerung nicht herumkommt. Um die Verkleinerung muss ich mich nicht kümmern: die besorgt schon Pilz.
Ich werde in Tirol wohl noch einmal die Grünen wählen. Die Tiroler Grünen haben nicht jeden Blödsinn der Bundespartei mitgemacht. Ich kann immer noch gut jene Partei wählen, die mit Bernhard Kirchebner und Helene Bürkle 2 Mandate im Rumer Gemeinderat sehr seriös ausübt.
Die Tiroler Grünen haben mit Aygül Berivan Aslan eine ernstzunehmende Spitzenkandidatin. Vielleicht macht es mir die Entscheidung noch leichter, wenn ich mir vorsage, dass sie Abendschülerin war.
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