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Michael Bürkle

Korruptionsverfahren Wöginger geht weiter

Korruption ohne Verurteilung

Der ÖVP-Abgeordnete August Wöginger hat bei einem Bewerbungsverfahren parteipolitischen Einfluss im Interesse eines Bewerbers (eines ÖVP-Bürgermeisters) ausgeübt. Er hat zunächst alle Schuld von sich gewiesen, hat dann aber bei der Verhandlung sein Verhalten zugegeben, Reue gezeigt und ist ohne Verurteilung mit einer sog. Diversion davon gekommen. Wöginger selbst und diverse ÖVP-Granden bis zu Parteiobmann und Bundeskanzler Stocker hatten darauf gemeint, die Sache sei geklärt und abgeschlossen und erledigt. (Ich habe davon berichtet: in „Korruption in Österreich“ vom 7.10. bzw. in „Der Fall Wöginger in der Außensicht“ vom 12.10.)

Zunächst entstand allgemeines beredtes Schweigen und ich habe mich schon gewundert. Schließlich gibt es in diesem Korruptionsfall zwei Geschädigte: die Republik Österreich, der ein nicht so gut qualifizierter Bewerber als leitender Beamter untergejubelt wurde. Und die bestqualifizierte Bewerberin, die den Job nicht bekommen hat. Die Richterin hat trotzdem die Diversion angeboten, denn der schlechter qualifizierte Bewerber sei doch auch qualifiziert gewesen. [???]

Die Geschädigte klagt

Nun sieht es anders aus: das Verfahren geht weiter. Die geschädigte Bewerberin Christa Scharf stellte einen Antrag auf Ablehnung der Richterin. Sie begründet diesen Antrag damit, …

… dass ihr Anwalt und Privatbeteiligtenvertreter vor Gericht nicht zu Wort gekommen sei. Das habe den Anschein erweckt, dass die Richterin befangen sein könnte. Zudem äußerte Scharf Zweifel daran, ob es sich überhaupt noch lohne, bei vorliegenden Missständen Anzeige zu erstatten, wenn diese später vor Gericht nicht angehört würden.

Wenn das wahr ist – und ich habe keinen echten Grund, daran zu zweifeln, ist das Teil 2 des Skandals. Man hört die Privatbeteiligte am Verfahren bzw. ihren Anwalt nicht einmal an. Ja: da entsteht der Eindruck einer Befangenheit. So geht das nicht. Aus meiner Sicht spricht auch das „Argument“ der Richterin für die Diversion – dass kaum Schaden entstanden sei, weil auch der schlechter qualifizierte Bewerber qualifiziert war – dafür, dass da eine Befangenheit vorgelegen ist.

Beispielwirkung

Die Diversion im Fall Wöginger erzeugt den Eindruck, dass man sich in einem Korruptionsfall aus der Klage hinauskaufen kann: vor Gericht zugeben und „Reue zeigen“. Das ist äußerst unbefriedigend; damit kann man Korruption nicht eindämmen. Auf diese Weise sind Fälle eben nicht als „erledigt“ zu betrachten.


Link: Interview mit Christa Scharf in der Presse


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