Bei den Nationalratswahlen der letzten Jahrzehnte konnte ich relativ leicht grün wählen. Das wird für mich immer schwieriger. Es bräuchte – dringend! – eine Partei, die auf Grundwerte wie solidarisch, ökologisch, gewaltfrei und basisdemokratisch ausgerichtet ist. (Wobei ich bei basisdemokratisch mittlerweile einige Klärungen für nötig halte.)
Aber sind die Grünen das noch? Ich sehe gravierende Mängel – und habe die hier im Blog auch schon beschrieben. Und es stellt sich die Frage, ob die „Liste Pilz“ eine Alternative sein könnte.
Ich bin auch da nicht sicher. Was spricht dafür?
1. Natürlich gäbe es für einen erfahrenen Aktivisten gegen den korrupten österreichischen Filz aus (Teilen der) Industrie, (Teilen der) Parteien und (Teilen der) Verwaltung im Parlament Wichtiges zu tun. Pilz hat da viel geleistet, andere, z.B. die Grünen Moser und Kogler, auch.
2. Pilz präsentiert durchaus interessante KandidatInnen. Am meisten begeistert mich bisher die Kandidatur der Molekularbiologin Renée Schroeder, die nicht nur eine hervorragende Naturwissenschaftlerin ist, sondern weit über ihr Fach hinaus einer der gescheitesten Menschen, den wir haben. Ich habe sie schon oft so wahrnehmen können.
Was spricht dagegen?
Ja, die Liste Pilz (www.listepilz.at) präsentiert zwar durchaus interessante KandidatInnen: Menschen, die in verschiedenen wichtigen Bereichen ExpertInnen sind und die sich bisher kaum parteipolitisch betätigt haben. Aber gibt es ein politisches Programm? Auf der web site der Liste Pilz heißt es „Wir Kandidatinnen und Kandidaten sind die Programme unserer Liste.“ Das ist ausgesprochen mager, finde ich. Wenn ein Kandidat aufhört: ist dann der Programmpunkt weg? Ich denke, eine politische Partei muss mehr sein als die Summe ihrer KandidatInnen. Das Ganze ist sehr auf eine Person ausgerichtet: Was geschieht mit der Liste Pilz, wenn Pilz erkrankt? Oder nicht mehr mag? Wiederholt sich dann ein Zerfall wie bei Stronach?
Klar: es wird noch etwas spezifiziert:
„Für alleinerziehende Frauen und gegen Kinderarmut, für Konsumentenschutz und Tierschutz, für Startups und gegen Konzernprivilegien, für Informationsfreiheit und gegen Überwachungsstaat, für eine faire Umverteilung von Arbeit, Einkommen und Lebenschancen, endlich wieder in die richtige Richtung, von oben nach unten.
Und für unsere Heimat Europa – unsere Grundrechte von Meinungsfreiheit bis Pressefreiheit, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, unsere unabhängige Justiz, die Trennung von Religion und Staat, unsere Demokratie und vor allem: unser Recht, so zu leben wie wir wollen.
Und damit gegen die, die das gefährden: die nationalistische Rechte und der politische Islam.“
Das kann ich alles teilen, selbstverständlich. (Wobei mir nicht nur der „politische Islam“ ein Gegner ist, sondern jede Religion, die den Anspruch erhebt, für die gesamte Gesellschaft Regeln aufzustellen.)
Insgesamt überzeugt mich der Auftritt der Liste Pilz noch nicht wirklich. Aber vielleicht wird das ja noch.
Mit einiger Ironie kann ichs positiv sehen: ich habe jetzt eine Wahl zwischen Dingen, die mir nicht völlig passen. Bisher war da meist nur eines; jetzt sinds wenigstens zwei.
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