michael bürkle

texte … zu bildung, politik und ähnlichem und die einladung zur diskussion …

Michael Bürkle

Ein Vorschlag zur Halbierung des motorisierten Individualverkehrs

1973 gab es in Österreich (und überhaupt in Europa) die sogenannte „Ölkrise“. Eigentlich war das nur eine Ölpreiskrise, weil relativ plötzlich der Erdölpreis gestiegen war.

Diese Ölkrise damals war eigentlich ein Nichts gegen das Gemenge an Krisen, mit dem wir heute konfrontiert sind: Klimakrise, Pandemie, Ukrainekrise, Wirtschaftskrise (z.B. Inflation), Welthungerkrise, globale Ungerechtigkeit. Trotzdem hat (z.B.) Österreich damals zu einem massiven Mittel gegriffen: für jedes Auto musste per „Pickerl“ ein „autofreier Tag“ deklariert werden. Am Mo / Di / Mi / Do / Fr / Sa / So durfte dann dieses Auto nicht fahren.

Ich schlage angesichts der viel gravierenderen Krisen heute – die m.E. alle zusammenhängen – ein ähnliches Mittel vor: jede Autonummer hat mindestens eine Ziffer; nehmen wir die erste: nach dieser Ziffer darf das Auto nur an „geraden“ oder „ungeraden“ Tagen in Betrieb genommen werden. Z.B.: Autos mit 1, 3, 5, 7 nur an Montagen, Mittwochen und Freitagen, Autos mit 2, 4, 6, 8 nur an Dienstagen, Donnerstagen und Samstagen. (Autos mit 9 nur an Sonntagen).

Öffentliche Verkehrsmittel (und natürlich Einsatzfahrzeuge) würde ich davon ausnehmen; E-Autos nicht.

Es ist mir klar, dass damit nicht eine wirkliche Halbierung des motoriserten Individualverkehrs erreichbar ist, sondern nur eine massive Eindämmung. Es wird Umgehungsmethoden geben, aber die Wirkung wäre enorm. Man könnte CO2 einsparen, wahnsinnig viel Geld ebenfalls (Fahrgemeinschaften!), wahnsinnig viel Treibstoffe – eine Maßnahme für den Klimaschutz, gegen die Inflation, gegen die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und von Russland: fast nur Gewinner*.

Ich schlage vor, dass das mit einer Vorlaufzeit relativ bald umgesetzt wird, damit sich Menschen, deren Autonummer für die Verkehrseinschränkung in Anbetracht ihrer beruflichen Situation gänzlich ungeeignet ist, sich eine neue Autonummer zuteilen lassen können.


Warum ich E-Autos nicht ausnehmen würde, liegt an der Gesamtenergiebilanz von Elektrofahrzeugen.

Lit z.B.: Lesch, Harald (2022): Wie klimafreundlich sind E-Autos wirklich?

Es geht – kurz gesagt – nicht darum, motorisierten Individualverkehr auf Elektrizität umzustellen. Es geht darum, motorisierten Individualverkehr wesentlich zu reduzieren.


Beitrag veröffentlicht

in

,

Kommentare

19 Antworten zu „Ein Vorschlag zur Halbierung des motorisierten Individualverkehrs“

  1. Avatar von D.M.
    D.M.

    Energie ist zu billig
     
    Unser Wohlstand ist wesentlich durch billige Energie begründet.
    Zum Vergleich: Wenn ich dich bitte, mein Auto auf die Hungerburg zu schieben und das mit 10 Cent bezahle, zeigt man mir den Vogel. Für die Rückfahrt ins Tal biete ich dann 5 Cent. Das waren umgerechnet die Preise für elektrischen Strom und die aktuellen Netzkosten. Weltfremd, aber bis vor kurzem Realität. Es bestand daher kein Grund, Strom zu sparen. Konkrete Vorschläge bestanden darin, die Kühlschranktüre zu schließen, damit das Licht im Kühlschrank ausgeht.
    Plötzlich nähern sich die Preise für Energie der Realität an und sparen wird modern.
    Vorschlag 1: home office. Rückzug des Kontrollwahns und ehrliche Heimarbeit ersparen Millionen von Kilometern Transit. Durch die Hintertüre wird zudem die Zersiedlung finanzierbar. Normalsterbliche können sich im Metropolraum keine Wohnungen leisten und müssen an die Peripherie ausweichen. Durch das home office wird die Metropole den Spekulanten überlassen und die sollen selber schauen, wie sie zu ihrem Geld kommen.
    Und, ehrlich, wichtige Arbeiten wurden immer schon ausgelagert. Wer bitte hat die Steuerberaterin im Büro? Wo gibt es noch eine Buchhaltung, die diesen Namen verdient? Alles ausgelagert und funktioniert auch.
     
    Vorschlag 2: Wenn man von oben auf Innsbruck (oder Rum) heruntersieht, wird klar, dass hier viel Potenzial liegt. Ist es Zufall, dass im Olympischen Dorf kein Hochhaus Solaranlagen oder Photovoltaik hat? Dass das Ortsbild Vorrang bei der Genehmigung hat und Gratisenenergie von der Sonne hintanstehen muss, kommt halt von Politikern, die beim denken die Lippen bewegen müssen. Die parteipolitisch besetzten Hausverwaltungen haben naturgemäß kein Interesse an Sparmaßnahmen. Hier versagt das kapitalistische System grandios, weil der fehlende Wettbewerb die Preise nach oben treibt.
     
    Vorschlag 3: Förderbegrenzungen für Mieten und Betriebskosten. Die rasant ansteigenden Kosten werden wahrscheinlich durch Beihilfen marginalisiert werden. Damit steuern die Kommunen auf ein Desaster zu und am status quo wird sich nichts ändern. Energieverschwendung wird durch die Hintertüre subventioniert und hat keine Konsequenzen. Es müssen daher Standardwerte definiert werden, deren Überschreitung sanktioniert wird. Überheizte Wohnungen sind nicht notwendig. Ein klein wenig Gerechtigkeit könnte auch einziehen, wenn die Ausgaben eines Haushaltes gesamthaft betrachtet werden. Autos der Luxuskategorie ja gerne, aber dann bitte keine Heizkostenbeihilfe. 
     
    Vorschlag 4 werde ich nicht mehr erleben. Ca. 60% der neu gekauften Autos sind Firmenautos, Damit verbunden ist meist auch die Übernahme der Treibstoffkosten durch den Arbeitgeber. Versteuert wird das nur symbolisch, wenn überhaupt (Wirtschaftskammer Vorarlberg etc). Zudem ist der Betrag nach oben gedeckelt. In Finnland fährt der Chef der staatlichen Fluglinie Ford Fiesta. Mit den eingesparten Milliarden könnten schier alle Häuser isoliert werden. Da sind wir aber wieder bei den Politikern.

    1. Avatar von michael bürkle
      michael bürkle

      Liebe/r „D.M.“,
      vielen Dank für Deinen Beitrag und die Vorschläge: 1. home office, 2. viel mehr Solarenergie bzw. Photovoltaik, 3. Eingriffe ins Mietrecht (gegen Energieverschwendung). Vorschlag 4 hab ich noch nicht begriffen: worin besteht er? Besteht er in der Deckelung der Treibstoffkosten für Firmenautos?
      Mich würd allerdings durchaus auch Deine Meinung zu meinem Vorschlag der Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs interessieren.
      m.b.

      1. Avatar von Dietmar Morscher
        Dietmar Morscher

        Meiner Meinung nach ist jede Einschränkung des Individualverkehrs sinnvoll und wenn es nur als Diskussionsgrundlage dient. Hörl (ÖVP) fordert z.B. Seilbahnen in Betrieb zu lassen. Das würde bedeuten, dass der Transitverkehr und die UrlauberInnen fahren dürfen, die Wohnsitzbevölkerung jedoch nicht.

        Auch der industrielle Verkehr muss reduziert werden. 30 Jahre Transitdebatte haben rein gar nix gebracht.

        Zu Vorschlag 4: Als Benutzer eines Firmenautos ist mir der Treibstoffpreis egal, zahlt ja die Firma. Auch für ein Auto um € 150.000 zahle ich max. € 960 Sachbezug pro Monat, weil das eben der Höchstbetrag ist. Die läppische „Luxustangente“ ärgert nur die Buchhaltung, In der Praxis kosten Chefautos € 3.000 pro Monat und auf dem Lohnzettel wird der armen Seele € 960 zur Versteuerung vorgeschrieben, zahlt also netto ca. € 500 pro Monat. Wer nicht „Chef“ ist, aber trotzdem so ein Auto fährt, hat keine realistische Chance, die Kosten mit ehrlicher Arbeit hereinzubringen.

  2. […] für indivduellen Autoverkehr verhängen. Zum Wie gibt es viele Möglichkeiten: ich habe eine Variante vorgeschlagen. Ich habe diesen Vorschlag am 28.6. auch dem Klimaschutzministerium unterbreitet: bis […]

  3. Avatar von m.b.
    m.b.

    Ich habe meinen Vorschlag am 28.6. auch Ministerin Gewessler vorgelegt und am 1.7. dann auch Global 2000. Vom Ministerium habe ich noch keine Antwort; heute ist eine von Herrn Wahlmüller von Global 2000 gekommen. Nämlich.

    Sehr geehrter Herr Michal Bürkle,

    vielen Dank für ihre Nachricht und den Vorschlag. Ja, in den 70er Jahren wurde für kurze Zeit ein autofreier Sonntag eingeführt, angesichts der aktuellen Krise wären Überlegungen in diese Richtung wohl überlegenswert. Allerdings sollte man bei Vorschlägen, die Arbeitstage betreffen, bedenken, dass es Menschen gibt, die das Auto wirklich brauchen, um zur Arbeit zu kommen. Ich befürchte, dass das wenig Chance auf Umsetzung hat und auch schwer kontrollierbar wäre.

    Wir haben uns in der letzten Zeit für Tempo 100 auf Autobahnen ausgesprochen. Schon das würde viel bringen, wäre einfach umzusetzen und ist derzeit leider auch nicht konsensfähig, obwohl es ein vergleichsweiser milder Eingriff wäre.

    Aktuell ist unser Schwerpunkt aber beim Erneuerbaren-Wärmegesetz und dem Thema saubere und sichere Wärmeversorgung für alle Menschen in Österreich. Hier finden Sie unsere Stellungnahme und unsere Presseaussendung von gestern. Da sehen wir derzeit massiven Handlungsbedarf. Gasheizungen werden mit dem aktuellen Gesetz nicht vollständig ausgetauscht, das ist ein massives Problem.

    https://www.global2000.at/presse/global-2000-kritisiert-fehlenden-gas-ausstieg-erneuerbaren-w%C3%A4rme-gesetz

    Beste Grüße

    Johannes Wahlmüller

    Aus meiner Sicht ist das enttäuschend und desillusionierend. Ich habe Herrn Wahlmüller geantwortet … s.u.
    m.b.

    1. Avatar von michael bürkle
      michael bürkle

      Das habe ich an Global 2000 bzw. Hr. Wahlmüller geschrieben:

      Sehr geehrter Herr Wahlmüller,

      Tempo 100 auf Autobahnen habe ich schon lange nicht mehr überschritten; an sauberer Wärmeversorgung arbeite ich auch konzentriert.

      Ich möchte korrigieren: in den 70er-Jahren war das kein autofreier Sonntag; man konnte sich selbst den Wochentag aussuchen. Ich kann mich gut erinnern.

      Sie finden „Überlegungen“ in der von mir gedachten Richtung „überlegenswert“. Das ernüchtert mich. Wenn in einer Zeit wie dieser sogar Global 2000 derart vorsichtig formuliert und agiert, ist das aus meiner Sicht enttäuschend. Mir ist klar, dass Ministerin Gewessler in ihrer Funktion vorsichtig agieren muss, aber es wäre Aufgabe aller Umwelt-NGOs, im Sinne einer umweltpolitischen Avantgarde radikale Vorschläge vorzulegen. Das betrifft selbstverständlich nicht nur den motorisierten Individualverkehr, aber selbstverständlich den ebenfalls. Über das WIE kann man diskutieren; über das DASS sollte man nicht mehr diskutieren müssen.

      Ich bin 65 und werde die Zerstörung der Biosphäre nicht mehr zur Gänze miterleben, nehme ich an, würde aber für die nächste Generation an grundlegenden politischen Änderungen arbeiten wollen. Die Zeit wäre mehr als reif; leider sieht auch Global 2000 das offenbar noch nicht so.

      Ich werde Ihre Antwort und meine Wieder-Antwort auf meinem Blog evident halten – außer Sie verbieten mir das. Dann würde ich das Verbot nennen.

      Mit desillusionierten Grüßen

      michael bürkle

  4. Avatar von m.b.
    m.b.

    Ich habe gestern (14.7.) meinen Vorschlag noch dem VCÖ geschickt. Ich wollte nach Global2000 „eine weitere Meinung“ einholen, Der VCÖ macht aktive Verkehrspolitik; ich bin seit Jahren Mitglied. Ich habe um 12:05 geschrieben:

    Liebe Mitarbeiter*innen des VCÖ,

    ich habe in meinem Blog http://www.buerkle.work einen relativ radikalen, aber m.E. machbaren „Vorschlag zur Halbierung des motorisierten Individualverkehrs“ gemacht: http://www.buerkle.work/vorschlag_halbierung_individualverkehr/

    Ich suche für diesen Vorschlag Bündnisgenoss*innen, also zB NGOs wie den VCÖ, die es eher schaffen können, so einen Vorschlag in die Debatte einzubringen als ich als Einzelkämpfer.

    Ich bitte den VCÖ um eine Stellungnahme zu meinem Vorschlag. Ich kann mir auch gut eine Zusammenarbeit in der Sache vorstellen.

    (Zu meiner Person: ich bin Lehrer bzw. Schuldirektor in Pension und seit vielen Jahren Mitglied des VCÖ. Ich habe dafür bereits eine Ehrenurkunde erhalten.)

    Mit freundlichen Grüßen

    ​​​michael bürkle

    1. Avatar von m.b.
      m.b.

      … und heute (15.7.) bereits eine relativ lange antwort des VCÖ:

      Sehr geehrter Herr Bürkle,

      vielen Dank für Ihre Nachricht.

      Der Vorschlag den Sie unterbreiten ist in der Tat relativ radikal – allerdings auch nicht ganz aus der Welt. Der Klimarat der Bürgerinnen und Bürger hat z. B. auch immerhin einen autofreien Tag pro Monat vorgeschlagen (siehe hier, Seite 89). Auch wenn natürlich höchste Notwendigkeit besteht, den Autoverkehr zu verringern gibt es Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind um ihrer Arbeit nachgehen zu können. Die Umsetzung Ihres Vorschlages hätte für diese Menschen große Konsequenzen, da nicht alle Berufe vom Home-Office aus erledigt werden können.

      In einer Demokratie gilt es, Kompromisse auszuloten. Ja, ohne Frage wäre sehr viel mehr möglich, als das, was momentan gemacht wird. Die Reduktion von Tempo-Limits wäre sehr einfach und schnell umzusetzen, deshalb setzt sich auch der VCÖ dafür ein, wie Sie hier nachlesen können: https://www.vcoe.at/presse/presseaussendungen/detail/vcoe-fordert-massnahmenpaket-zur-reduktion-der-erdoelabhaengigkeit-des-verkehrs . Auch beim Thema Fahrgemeinschaften gibt es sehr viel Potenzial – der Pkw-Besetzungsgrad sinkt ja bekanntlich seit Jahrzehnten. Mittlerweile sitzen in 100 Autos noch lediglich 114 Personen. Würden in jedem Auto durchschnittlich 2 Personen sitzen, wäre nicht nur der Energie-/Erdölverbrauch drastisch reduziert – sondern wir könnten uns auch die Diskussion um den weiteren Ausbau von Autobahnen und Schnellstraßen sparen. Der VCÖ setzt sich z. B. auch stark dafür ein, dass Unternehmen diesbezüglich im Rahmen von betrieblichem Mobilitätsmanagement mehr soziale Verantwortung übernehmen müssen: https://www.vcoe.at/presse/presseaussendungen/detail/vcoe-ruft-unternehmen-auf-ihre-beschaeftigten-beim-spritsparen-zu-unterstuetzen

      Langfristig müssen wir natürlich weiterdenken: Mobilitätsgarantie ist das Stichwort. Das Ziel sollte sein, allen Menschen Mobilität zu ermöglichen und zwar ohne, dass sie ein eigenes Auto besitzen müssen. Wir beim VCÖ beschäftigen uns gerade intensiv mit diesem Thema und damit, wie die Mobilitätsgarantie auch in ländlichen Gebieten umgesetzt werden kann.

      Um den Wandel hin zu klimaverträglicher Mobilität voranzutreiben versuchen wir, Möglichkeiten aufzuzeigen und entscheidungsrelevante Personen und die Bevölkerung für die dafür notwendigen Maßnahmen zu gewinnen. In diesem Sinne setzen wir uns für die gebotenen Ziele ein und tun unser Möglichstes, dafür Mehrheiten zu gewinnen um diese dann auch Wirklichkeit werden zu lassen.

      Danke für Ihr Engagement!

      Beste Grüße,

      Johanna Singer

      Assistenz Verkehrspolitik

      1. Avatar von m.b.
        m.b.

        In der Tonalität durchaus freundlich, aber ebenfalls ohne Hinweis auf Unterstützung, obwohl der Vorschlag „nicht ganz aus der Welt“ sei … ich habe dann noch geschrieben:

        Sehr geehrte Frau Singer,

        vielen Dank für die schnelle Antwort auf meinen Vorschlag. Vielen Dank auch für die Links, speziell auf das Papier des Klimarats, das ich schon gesucht, aber nicht gefunden hatte.

        Mir ist klar, dass mein Vorschlag für viele Menschen, die mit dem Auto zum Arbeitsplatz fahren, ernste Probleme bereiten würde. Einen Gutteil dieser Probleme könnte man mit Öffentlichen Verkehrsmitteln lösen, einen anderen Teil durch Fahrgemeinschaften. Über den Rest müsste man sich zweifellos Gedanken machen: dafür ist der Vorschlag auch gedacht.

        Ich stimme Ihnen zu: „ohne Frage wäre sehr viel mehr möglich“. Ich denke, das reicht aber nicht: ohne Frage wäre sehr viel mehr notwendig. Wenn der Klimarat einen autofreien Tag pro Monat – eh nur in größeren Städten! – vorschlägt, demonstriert das für mich, wie weit die politischen Kräfte hinter dem liegen, was jetzt dringend notwendig wäre. Es ist leider ungeheuer desillusionierend und macht keine Hoffnung auf eine Rettung unserer Biosphäre. Aus meiner Sicht geht das alles viel zu zögerlich, zu langsam und zu „brav“: „nur niemand weh tun“. 

        Ich gehe davon aus, dass ich mein Schreiben an den VCÖ, die Antwort und meine Rückantwort auf meinem Blog einer breiteren Leser*schaft zur Verfügung stellen darf.

        Mit freundlichen Grüßen

        michael bürkle

        Kurz zusammegefasst: mein Vorschlag zur Halbierung des motorisierten Individualverkehrs ist in seinem wesentlichen Ansatz sowohl Global 2000 als auch dem VCÖ (und damit auch – vermutlich – Klimaschutzministerin Gewessler und dem Klimarat und vielen anderen) zu radikal, ja viel zu radikal.
        Ich glaube durchaus, dass der Vorschlag kontrovers und radikal ist, dass er aber eigentlich zur richtigen Zeit erfolgt. Wenn man jetzt solche Maßnahmen träfe, könnte man im Klimaschutz (und bei der Inflation …) noch einiges retten. Aber sogar die Umwelt-NGOs sind zögerlich.
        Ich fürchte sehr, dass uns in 10, 20, 30 Jahren diese Zögerlichkeit auf den Kopf fallen wird. Wir vertun die besten (und vielleicht letzten) Chancen, wichtige Dinge auf den Weg zu bringen.
        Es tut weh!
        m.b.

        1. Avatar von m.b.
          m.b.

          Heute (18.7.) noch eine Antwort des VCÖ:

          Sehr geehrter Herr Bürkle,

          ich kann Sie natürlich gut verstehen. Ja, es wäre nicht nur sehr viel mehr möglich sondern auch notwendig.

          Meiner Einschätzung nach bedarf es dem Druck von vielen Seiten um Veränderungen möglich werden zu lassen. Dazu braucht es Einzelpersonen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Politische Organe, Unternehmen usw. die in ihrem jeweiligen Wirkungskreis ihr Möglichstes tun.

          Mit Ihrem Blog setzen Sie einen Schritt genau in diese Richtung.

          Ja, viel zu vieles geht natürlich viel zu langsam. Um jedoch langfristige Veränderungen innerhalb unseres demokratischen Systems bewirken zu können, müssen wir meiner Meinung nach jedoch diesen Weg gehen.

          Selbstverständlich können Sie unseren Mailverkehr veröffentlichen.

          Beste Grüße und alles Gute,

          Johanna Singer

          Naja: Das ist alles recht verständlich und „mit Ihrem Blog setzen Sie einen Schritt genau in diese Richtung“ sogar ein echtes Kompliment … Vielleicht ergibt sich mittelfristig was.
          m.b.

          1. Avatar von michael bürkle
            michael bürkle

            heute (18.7.) an den VCÖ:

            Sehr geehrte Frau Singer,
            danke für die Nachricht.
            Ich denke, wir sind uns auf der allgemeinen Ebene völlig einig. Unterschiede sehen Sie bzw. der VCÖ offenbar in der Einschätzung der nächsten Schritte. Sie schreiben: „Um jedoch langfristige Veränderungen innerhalb unseres demokratischen Systems bewirken zu können, müssen wir meiner Meinung nach jedoch diesen Weg gehen.“
            Auch da sehe ich eigentlich keinen Unterschied, kein „jedoch“. Selbstverständlich suche auch ich Wege innerhalb der Demokratie. Es geht allerdings um Aufgabenteilung. NGOs (wie Global 2000 oder der VCÖ) müssten m.E. vorpreschen und radikale Vorschläge formulieren; die Ministerin ist an politische Kompromisse gebunden.
            Wie gesagt: ich wäre durchaus interessiert, mit dem VCÖ gemeinsam zu agieren.
            Der Vorschlag des Klimarats für einen autofreien Tag pro Monat greift m.E. um Größenordnungen zu kurz. Aber als Ansatzpunkt wäre er vielleicht geeignet.
            Schöne Grüße
            michael bürkle

          2. Avatar von michael bürkle
            michael bürkle

            Noch eine Anwort des VCÖ von heute, 19.7.:

            Sehr geehrter Herr Bürkle,

            das freut mich, dass wir uns im Grunde einig sind. Ich schätze auch Ihren kritischen Zugang und Ihr Beharren auf radikaleren Maßnahmen! Es braucht wie gesagt meiner Meinung nach viele verschiedene Personen und Gruppen die auf der „Radikalitätsskala“ unterschiedliche Positionen einnehmen.

            Was die Rolle des VCÖ betrifft würde ich/würden wir das allerdings ein bisschen anders einschätzen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, sowohl kurzfristig als auch mittelfristig umsetzbare Forderungen aufzustellen und diese voranzutreiben um einerseits gewillte Politiker*innen von „außen“ zu unterstützen und andererseits den Druck auf die Unwilligen in der Politik zu erhöhen. Darüber hinaus versuchen wir vorauszudenken und Themen, Ansätze und Lösungen die wir für sinnvoll halten in die öffentliche Debatte einzubringen.

            Der Klimarat bietet tatsächlich eine hervorragende Basis um bestimmte Forderungen argumentieren zu können da sie, wie der Klimarat gezeigt hat, die Unterstützung einer breiten Bevölkerungsmehrheit hinter sich haben.

            Beste Grüße,

            Johanna Singer

          3. Avatar von michael bürkle
            michael bürkle

            Noch eine kurze Antwort von mir an den VCÖ:

            Liebe Frau Singer,

            wenn der VCÖ seine Aufgabe darin sieht, „sowohl kurzfristig als auch mittelfristig umsetzbare Forderungen aufzustellen und diese voranzutreiben!“: wer hat dann Ihrer Meinung nach die Aufgabe, mittel- und langfristig wirksame „Visionen“ in die Diskussion zu bringen? Einzelkämpfer („Spinner“) wie ich?

            Da ist eine Lücke, finde ich. Kurzfristiges ist auch Aufgabe der Politik; die denkt in Legislaturpersioden von 4 Jahren.

            Schönen Gruß

            michael bürkle

            btw: ich finde das „Gespräch“ mit Ihnen anregend und produktiv

            mb

          4. Avatar von michael bürkle
            michael bürkle

            Von heute (20.7.) noch ein langer Beitrag des VCÖ bzw. von Frau Johanna Singer:

            Sehr geehrter Herr Bürkle,

            die Rolle des VCÖ ist auf jeden Fall auch, langfristig wirksame Visionen in die Diskussion einzubringen. Mit meinem Satz „Darüber hinaus versuchen wir vorauszudenken und Themen, Ansätze und Lösungen die wir für sinnvoll halten in die öffentliche Debatte einzubringen“ habe ich genau das gemeint.

            In diesem Bereich verorte ich auch die Mobilitätsgarantie, die ich zu Beginn unserer Diskussion schon angesprochen habe. Damit ist gemeint, allen Menschen Mobilität zu ermöglichen, ohne dass sie ein eigenes Auto besitzen müssen. Das bedeutet einen massiven Ausbau des Öffentlichen Verkehrs, von Rad- und Fußwegen. Darüber hinaus müssen Zentren gestärkt werden, Nahversorgung aufgebaut, Wege möglichst kurz gehalten oder vermieden werden (z.B. auch durch Home-Office). Denn diese Mobilitätsgarantie soll auch für den ländlichen Raum gelten, ist aber keine Erlaubnis für weitere Zersiedelung. Raumplanung beeinflusst unser Mobilitätsverhalten erheblich, daher müssen diese Bereiche Hand in Hand gedacht werden.

            Die Argumentation ist also, dass wir zuerst gute Alternativen ausbauen müssen, dann können wir die Autonutzung einschränken. Also zuerst Pull-Faktoren fokussieren, dann diese durch Push-Faktoren stärken. Wie eine solche Mobilitätsgarantie konkret ausschauen kann, zeigen Beispiele in der Schweiz wo es in vielen Kantonen Mindest-Bedienstandards für den Öffentlichen Verkehr gibt – siehe Beispielkasten im Anhang.

            Wie gesagt, wir beim VCÖ beschäftigen uns gerade intensiv mit diesem Thema, aber auch auf Forschungsseite tut sich etwas. Im Rahmen des Programms „Mobilität der Zukunft“ des Klimaschutzministeriums hat das Projekt „FLADEMO“ die Wissensgrundlage für die Umsetzung einer flächendeckenden Mobilitätsgarantie in Österreich erarbeitet – nachzulesen hier: https://mobilitaetderzukunft.at/de/projekte/flademo.php?r=692126467#shortDescription , den Endbericht gibt es hier: https://projekte.ffg.at/anhang/62b1b1ffee5b3_Ergebnisbericht_V8.pdf .
            Klar, das sind jetzt die ersten Schritte in diese Richtung aber dennoch zeigt das uns, dass das konkretes Bestreben da ist, Veränderungen zu beginnen.

            Weitere aktuelle spannende Forschungsprojekte im Mobilitätsbereich sind „DOMINO“ und „ULTIMOB“ – zu finden hier: https://mobilitaetderzukunft.at/de/projekte/mobilitaetsdienstleistungen-domino-ultimob.php?r=92964878 . Wieder geht es um Mobilität abseits des Privat-Pkws und abseits städtischer Zentren. Insbesondere die Verankerung dieser Forschungsprojekte in Pilotregionen und die Mitarbeit des Klimabündnisses bei ULTIMOB stimmen mich zuversichtlich, dass eine hohe Praxistauglichkeit gewährleistet ist und die betroffenen Stakeholder produktiv einbezogen werden.

            Zu guter Letzt möchte ich Sie noch auf eine spannende Studie der BOKU von Prof. Steurer und Dr.in Nash hinweisen. Sie haben durch den Vergleich von Klimagesetzgebung in verschiedenen Länder herausgefunden, welch tragende Rolle Klimaschutzbewegungen und Druck aus der Bevölkerung spielen. Diese haben nämlich einen größeren Anteil an der Verabschiedung ambitionierter Klimaschutzgesetze als die politische Zugehörigkeit der Regierungsparteien. Kurz erwähnt wird diese Studie in folgendem Standard-Kommentar: https://www.derstandard.at/story/2000129750352/warum-ich-als-wissenschafter-die-klimabewegung-unterstuetze , den Original-Artikel (auf Englisch) gibt es hier: https://boku.ac.at/fileadmin/data/H03000/H73000/H73200/InFER_Discussion_Papers/INFER_DP_1_2019_Nash_Steurer_Taking_stock.pdf . Warum ich Ihnen das schreibe – weil es meiner Meinung nach einerseits eine große Motivation für zivilgesellschaftliches Engagement bzw. dafür, dieses ernst zu nehmen ist und weil es andererseits die Wichtigkeit des VCÖ als zivilgesellschaftliche Unterstützung und Druck von außen für wirkungsvolle Klimagesetzgebung unterstreicht (also den Punkt „umsetzbare Forderungen aufstellen und diese vorantreiben“).

            Ich hoffe, Sie können mit meinen Leseempfehlungen etwas anfangen – ich habe mir erlaubt, Ihnen diesbezüglich viele Vorschläge zu machen, vielleicht haben Sie ja zufällig Bedarf an unkonventioneller Sommerlektüre.

            Ich danke auch für den produktiven Austausch! Für uns ist es sehr wertvoll, mit unseren Mitgliedern und Unterstützer*innen in Kontakt zu sein. Konstruktive Kritik hilft uns, die Rolle des VCÖ in der Gesellschaft und die inhaltlichen Positionen immer wieder kritisch zu hinterfragen, sie auf Tauglichkeit und Aktualität hin abzuklopfen und nicht etwa betriebsblind zu werden.

            Beste Grüße,
            Johanna Singer

          5. Avatar von michael
            michael

            Kurze Nachfrage von mir noch (Ausschnitt), :

            […]

            Was ich jetzt nicht mehr ganz verstehe: wenn zu den Aufgaben des VCÖ doch auch die „langfristigen Visionen“ zählen: warum ernte ich dann so viel Zurückhaltung auf meinen Vorschlag der Halbierung des MIV? Da müsste doch – wenn nicht Begeisterung, so doch – ein „aktives Interesse“ ausbrechen. Weil er „von außen“, nicht vom VCÖ kommt?

            Können wir eine weitere Diskussion auf die aktuelle Fassung des Artikels verlagern?

            lg

            mb

          6. Avatar von michael
            michael

            Und Frau Singer (VCÖ) hat das letzte Wort:

            Sehr geehrter Herr Bürkle,

            Weil, wie ich versucht habe Ihnen zu erklären, wir zuerst die Basis schaffen müssen (zum Beispiel durch eine Mobilitätsgarantie oder auch durch betriebliches Mobilitätsmanagement) um dann in großem Ausmaß den privaten Pkw-Verkehr einschränken zu können.

            Für mich sind nun zu diesem Punkt sämtliche Argumente dargelegt, deswegen würde ich gerne die Diskussion an dieser Stelle beenden.

            Beste Grüße und alles Gute,

            Johanna Singer

  5. […] aber nicht der einzige! – ist der motorisierte Individualverkehr. Ich habe am 28.6. einen „Vorschlag zur Halbierung des motorisierten Individualverkehrs“ eingebracht. Der ist gewiss radikal: er würde jedem Auto nur noch an 3 Tagen pro Woche eine […]

  6. […] habe meinen Vorschlag am 28.6. formuliert, hier im Blog publiziert und ein Schreiben mit Link an die Sektionsleitung des Ministeriums […]

  7. […] und wärmte dabei die Diskussion auf, die sich schon im Laufe des Jahres ergeben hatte (und die hier und hier auch nachlesbar […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

19
0
Would love your thoughts, please comment.x