Wir leben in Corona-Zeiten, wir leben in Zeiten von Verschwörungstheorien.
Eine spezielle Krankheit
Die Verschwörungstheorien entstehen einerseits wegen Corona. Im Gegensatz zu bisher bekannten Krankheiten hat Corona besondere, beängstigende Elemente. Viele haben die Krankheit, ohne Symptome zu zeigen. Auch wenn man keine Symptome zeigt, kann man die Infektion verbreiten. Corona ist eine harmlose Krankheit: die meisten Betroffenen bemerken nicht einmal, dass sie erkrankt sind. Gleichzeitig ist Corona eine sehr gefährliche Krankheit: man kann daran sterben, und es gibt noch keine Medikamente. Und gar nicht wenige insgesamt sterben: in Österreich nur ca. 730 Personen bisher; in anderen Ländern Tausende.
Asoziale Medien
Außerdem leben wir in einer Zeit der Desinformation. Jeder Trottel kann heute über Kanäle wie Facebook und Twitter – ich nenne sie hier: die asozialen Medien – scheinbare „Nachrichten“ verbreiten. Und viele Deppen tun das auch; manche sogar in ihrer Funktion als Präsident. Aber nicht nur Trottel, Deppen und Idioten nützen die asozialen Medien: auch Leute, die politische Absichten und Interessen verfolgen: Ratten- und Kinderfänger.
Medienkompetenzen?
Desinformation entsteht aber nicht nur bei den Sendern, sondern auch bei den Empfängern. Viele Menschen haben noch nicht gelernt, „Nachrichten“ sinnvoll zu bewerten und Qualitätsmaßstäbe anzuwenden, also Nachrichten von blanken Meinungen zu unterscheiden. Die Macht des geschriebenen Wortes ist auch gegeben, wenn das geschriebene Wort blanker Unsinn ist. Man muss das in den Schulen lernen, aber diejenigen, die die Schule vor 10, 20 Jahren verlassen haben, haben das nicht gelernt. Die können das nicht, und viele Junge auch noch nicht.
Gemengelage
Und aus dieser Gemengelage – (a) eine neue, eine „unheimliche“, eine ungewohnte Krankheit, die harmlos und lebensgefährlich zugleich ist, (b) ein explodierendes Mediensystem an asozialen Medien, in denen Deppen und Verführer nach Belieben produzieren können, und (c) eine Bevölkerung, die noch keine stabilen Qualitätskriterien für die Einschätzung von „Nachrichten“ gelernt hat – entstehen Verschwörungstheorien.
Verbote?
Wie geht man mit dieser Gemengelage um?
Naja: naheliegend ist es, Desinformationsevents wie Corona-Demonstrationen zu verbieten – wie jetzt in Berlin. Damit wird man aber der Desinformation und der Verschwörungstheorien nicht Herr; im Gegenteil: man heizt das noch an.
Ich würde Corona-Demonstrationen selbstverständlich erlauben, halt unter den Bedingungen, die gesundheitspolitisch nötig sind. Demonstrieren ist ein Grundrecht. Wenn die gesundheitspolitisch nötigen Bedingungen nicht eingehalten werden, kann und muss man die Demonstration halt auflösen. Aber von vornherein verbieten: das ist Wasser auf die Mühlen der Ängstlichen, der Zweifelnden, der Deppen und der politischen Rattenfänger.
Verbieten: Gut so? Nein: ein Fehler. Die Kosten sind höher als der Nutzen.
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