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Michael Bürkle

„Der Mensch wird sowieso aussterben, …“

„…davon bin ich fest überzeugt. Das lässt sich nicht verhindern, dafür ist er zu dumm.“

Das deutsche Nachrichtenportal www.t-online.de berichtet über den Prozess wegen Nötigung gegen die Sprecherin der Letzten Generation in Deutschland, Carla Hinrichs, am Amtsgericht Berlin-Tiergarten. (Im Gegensatz zu Österreich wird eine Straßenblockade in Deutschland nicht als Verwaltungsvergehen, sondern als strafrechtliches Delikt gewertet.)

Frau Hinrichs verweist darauf, dass sie durch die Klimakrise „unmittelbar bedroht“ sei. Die Bedrohung durch den Klimawandel sieht Richter Christoph Weyreuther ebenso; aber mit den Methoden ist der Richter nicht einverstanden. Dabei fallen auch die Sätze:

Der Mensch wird sowieso aussterben, davon bin ich fest überzeugt. Das lässt sich nicht verhindern, dafür ist er zu dumm.

Der Richter hat recht

Ja, die Menschheit wird irgendwann einmal aussterben. In knapp 8 Milliarden Jahren wird sich die Sonne zum Roten Riesen aufblähen und Merkur, Venus und Erde verschlucken. Die Menschheit betreibt aber sowieso eine riskante Existenz und wird ihre Biosphäre vermutlich schon lange davor zerstört haben – wir sind derzeit auf dem besten Weg dazu. Wir als Menschen werden die Sonne als Roten Riesen also nicht mehr erleben.

Treffen sich zwei Planeten im Weltall; fragt der eine „Wie gehts dir?“ Sagt der andere „Ach, nicht so gut. Ich glaub, ich hab homo sapiens“. Meint der erste: „Oje, das ist lästig. Aber mach dir nix draus, das geht vorbei“.

Wir könnten uns davor noch auf die Flucht machen: auf Raumschiffen in den Weltraum abhauen, um vielleicht einen zweiten Planeten zu finden. Problem dabei: die Entfernungen im Weltraum sind im Verhältnis zur Dauer von Menschenleben so riesig, dass die Suche nach anderen Planeten schlicht hoffnungslos ist.

Das Argument des Richters

Aber zählt das Argument des Richters? Muss oder kann Frau Hinrichs verurteilt werden, weil die Menschheit sowieso zu dumm ist?

Ich denke, menschliche Gesetze / Verfassungen / Staatsverfassungen beziehen sich auf lebende Menschen und existierende Staatengebilde. Das Argument, dass die Menschen zum langfristigen Überleben sowieso zu blöd sind, trifft hier nicht zu. Frau Hinrichs hat das Recht, sich innerhalb Deutschlands (oder der EU) auf einen Schutz ihres – jetzigen und zukünftigen! – Lebensraums zu beziehen, so einen Schutz einzufordern und entsprechende politische Schritte dafür zu setzen. Wenn das Argument des Richters zählt, erübrigt sich jede Mordverhandlung. Denn: Wozu? Wir sterben ja sowieso aus.

Dieses Recht hat nicht nur Frau Hinrichs; nach österreichischen Verfassungsbestimmungen ist es das Recht aller Kinder (und Jugendlichen), im Sinne der Generationengerechtigkeit einen i.W. intakten Lebensraum für ihre Entwicklung vorzufinden. Das hat Österreich beschlossen; das steht im Verfassungsrang; da müssen sich Politiker*innen dran halten – ob sie wollen oder nicht. Schönen Worten müssen Taten folgen.


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