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Ein „Duell“? Spinnen die Germanen?

Ein Tiroler Politiker – Herr Markus Abwerzger (FPÖ) – versucht per Plakat, die Tiroler Landtagswahl am 25.9. zu einem „Duell“ zu stilisieren. Auch die Tiroler Tageszeitung hat sich dem schon etwas irrtiert gewidmet.

Unanständig …

Das Plakat erinnert in der Unsymmetrie seiner grafischen Gestaltung an andere Unsymmetrien – z.B. an die des Stimmzettels zum Anschluss Österreichs an das deutsche Reich:

(Nicht nur die Nazis haben Solches praktiziert. Viele autoritär-faschistische Regime gehen so und ähnlich vor.)

Im Übrigen ist es einfach unanständig, schlechte Fotos des politischen Gegeners öffentlich zu verwenden. Das tut man nicht.

… und falsch

Jenseits der verräterischen grafischen Gestaltung ist das Plakat natürlich inhaltlich völlig falsch. Erstens wird am 25.9. nicht der Landeshauptmann gewählt, sondern der Landtag. (Der wählt dann, voraussichtlich nach Koalitionsverhandlungen, den Landeshauptmann.) Zweitens ist Herr Abwerzger keinesweg „der zweite“ Kandidat als Landeshauptmann neben dem ÖVP-Kandidaten Mattle. Sondern allenfalls der dritte oder der vierte oder der fünfte. (Oder gar keiner.) Von „Duell“ also keine Rede.

Deutschnazionale Duelle!

Wie aber kommt die Abwerzger’sche FPÖ auf das „Duell“? Naja: das sind „schlagende“ Burschenschaftler; die fechten wirklich Auseinandersetzungen in Duellen aus. Die kennen nichts anderes. Auch Abwerzger ist einer: ein „Skalde“ – ein Mitglied der „schlagenden“ Burschenschaft „Skalden“, die als „akademische Sängerschaft“ nicht nur auf ihren Gesang stolz ist, sondern (zumindest zu meiner Studienzeit) auch auf ihre Fechtkünste. Die schlagen sich wirklich und wahrhaftig manchmal die Schädel blutig – und nennen das „Mensur“ – und sind dann stolz auf ihre Narben: die nennen sie „Schmisse“. Die sind deutschnational und hart am Rande des Neonazismus und zum Teil auch jenseits dieses Randes. Und insofern spinnen hier wirklich nicht die Römer, sondern die Germanen.

(Auch FPÖ-Präsidentschaftskandidat Rosenkranz ist übrigens ein schlagender Burschenschaftler und Tassilo Wallentin, ein anderer, durchaus konservativer Präsidentschaftskandidat, hat deshalb vor Stimmen für Rosenkranz gewarnt: das seien verlorene Stimmen, denn schlagende Burschenschaftler können in Österreich niemals Bundespräsident werden.)

– – –

Kleiner Schritt zur Seite

Man soll sich in der Politik vor plumpen Namenswitzen über den politischen Gegner hüten, heißt es. Ja, ich finde das an sich richtig. Die FPÖ und ihr Umfeld ist da allerdings sehr aktiv. Für den Bundespräsidenten hat sich FP-Parteiobmann Kickl nicht entblödet, öffentlich „van der Biden“ zu verwenden. (Das ist in der rechten Szene derzeit üblich und nicht klagbar – Dummheit als solche ist nicht klagbar. Und immerhin hat Biden Trump geschlagen und ein umfangreiches Öko-Sozial-Paket durch den Kongress gebracht. Insofern ist der Vergleich zwar dumm und plump, aber noch nicht ehrenrührig. Van der Bellen muss allerdings keine Öko-Sozial-Pakete schnüren, denn der österreichische Präsident ist ja kein Regierungsmitglied. Der hat eine völlig andere Rolle als der US-Präsident. Aber davon will Kickl keine Ahnung haben.)

Ich hab mit dem Namen Abwerzger auch immer wieder Probleme gehabt: mir hat sich da immer wieder ein Abzwerger gedanklich dazwischen gedrängt. Jetzt hab ichs endlich mit einer Eselsbrücke geschafft: Nicht Abzwerger, sondern Abwärtsger. Es geht nicht um kleine Wichte, es geht um Richtung: hinunter; abwärts.

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[…] im Landtagswahlkampf von der FPÖ ins Bockshorn jagen. Die (leere!) „Drohung“ mit dem Duell führt in der ÖVP dazu, dass man Asylwerber*innen den Klimabonus vorenthalten will. Brauchen die […]