michael bürkle

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Michael Bürkle

Ferragosto! Oder: Mariae was?

Heute ist der 15. August

In Italien begeht man da (weltlich) „Ferragosto“: die Straßen sind überfüllt mit Kurzurlauber:innen; die Strände sind bewimmelt; es ist heiß. Aber italienische Katholik:innen feiern da noch etwas (Geistliches): Mariae Geburt? Mariae Empfängnis? Mariae Verkündigung? Mariae Verhängnis? Nein: man feiert „Mariae Himmelfahrt“! Und nicht nur in Italien: der gesamte globale Katholizismus und die Orthodoxie ebenfalls feiern da. Aber was feiern sie eigentlich? Nur wenige Katholik:innen können das erklären.

Sie feiern das „Hochfest der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel“ und das schon seit etwa dem 5. Jahrhundert. Katholische und orthodoxe Christ:innen glauben nämlich oder haben zu glauben, dass Maria, die Mutter Jesu, „leiblich in den Himmel aufgenommen“ (!!!) worden ist – wie immer das gegangen sein mag. Das ist zwar offensichtlicher Unsinn, aber am 1.11.1950 hat Papst Pius XII das zum Dogma erhoben; davor war der Glaube daran noch nicht so ganz verbindlich. Aber seit dem 1.11.1950 ist das ein Glaubensgrundsatz aller Katholik:innen. (Immerhin ist man fast 2000 Jahre ohne dieses Dogma ausgekommen.)

Man trennt das im Hirn

Ich kenne allerdings keine Katholik:innen, die das wirklich wörtlich glauben. Es ist offensichtlich gute katholische Tradition weltweit, sich zwar katholisch zu organisieren, aber dabei die Diskussion über abstruse Dogmen zu vermeiden. Man trennt das im Hirn. Ich verstehe nicht, wie man das ein Leben lang durchhält.

Mariae Ordnung

Überhaupt: Die Marienfeiertage (s.o.) unterliegen einer strengen Ordnung. 9 Monate vor Weihnachten = Christi Geburt ist „Mariae Verkündigung“, also am 25. März. Da wird daran gedacht, dass Maria vom Erzengel Gabriel verkündet worden ist, dass sie schwanger ist bzw. wird; sie weiß aber nicht woher. Dann gibt es „Mariae Geburt“: ein kleiner Feiertag am 8. September; da sei sie geboren worden. Wichtiger ist aber „Mariae Empfängnis“ am 8. Dezember, also 9 Monate vor dem Geburtstag: da sei sie bereits – als einzige! – ohne Erbsünde von ihrer Mutter „empfangen“ worden. Nur „Mariae Verhängnis“ ist kein Feiertag: das habe ich dem respektlosen Volkswitz entliehen.

Man sieht: das alles ist zwar reiner Wahnsinn, aber es hat doch Methode! Zwischen Zeugung / Empfängnis und Geburt liegen immer exakt 9 Monate für eine Schwangerschaft.

Aber aus meiner Sicht ist das alles selbstverständlich tiefstes Mittelalter.


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Kommentare

2 Antworten zu „Ferragosto! Oder: Mariae was?“

  1. Avatar von HB
    HB

    Menschen brauchen Halt, Symbole, für etwas was sich lohnt zu leben.
    Und das kann vielfältig sein, unter anderem auch Religion, Mitmenschen, auch Marienverehrung
    Jedem das Seine- Urteilen will ich nicht!

    1. Avatar von michael bürkle
      michael bürkle

      danke, HB!
      klar brauchen menschen symbole. ich will niemandem seine / ihre religion nehmen: wer es braucht, soll es haben.
      aber es gibt schon dogmen, die völlig jenseitig sind, finde ich. vermutlich in allen religionen, jedenfalls in allen 3 abrahamitischen.

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