michael bürkle

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Michael Bürkle

Friedens-Monopol?

Das Friedensnobelpreiskomitee hat den Preis 2022 dreigeteilt: ein Teil geht nach Russland an die Organisation Memorial, ein Teil geht nach Weißrussland an den Aktivisten Ales Bjaljazki, und der dritte Teil geht an das Center for Civil Liberties in der Ukraine.

Wie immer fallen einem noch andere geeignete Kandidatinnen und Kandidaten ein – aber ich kann in der Wahl des Nobelpreiskomitees durchaus eine tiefere Weisheit erkennen.

Das sehen regierungsnahe Kreise in der Ukraine aber nicht so. Auf Twitter kritisiert einer der engsten Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskiy, Mychajlo Podoljak, dass „zwei Repräsentanten aus Ländern ausgezeichnet werden, das ein drittes attackiert hat“:

Nobel Committee has an interesting understanding of word „peace“ if representatives of two countries that attacked a third one receive @NobelPrize together. Neither Russian nor Belarusian organizations were able to organize resistance to the war. This year’s Nobel is „awesome“.

Das ist sehr seltsam, finde ich. Der weißrussische Preisträger Bjaljazki ist ein Menschenrechtler und sitzt deswegen in Belarus seit über einem Jahr im Gefängnis; die russische Organisation Memorial wurde 1987 gegründet, ursprünglich um die Verbrechen des Stalinismus zu dokumentieren. Sie dokumentiert heute auch die politischen Gefangenen unter Putin; ihre Auflösung als „ausländischer Agent“ wurde von obersten russischen Gerichten 2021 beschlossen; Memorial überlebt derzeit im Ausland. Beide – Memorial und Bjaljazki – sind bereits Träger des alternativen Nobelpreises. Sie sind keine „Repräsentanten“ Russlands oder Weißrusslands.

Wie verbohrt muss man sein, um Bjaljazki und Memorial als „representatives of two countries that attacked a third one“ zu verstehen? Weil sie nicht „imstande waren, Widerstand gegen den Krieg Putins zu organisieren“?


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