Veröffentlicht in Bildung, Politik

Lehramtsausbildung (ganz neu?)

neuerliche Reform

Die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen hat sich auf eine Verkürzung des Lehramtsstudiums geeinigt: von 6 Jahren auf 5 bzw. von 4 Jahren „Grundausbildung“ (als „Bachelor“) auf 3. Nach dem Bachelor folgen also noch 2 Jahre Masterstudium, die eine Voraussetzung für eine Fixanstellung sein werden. Außerdem sind noch „Schutzfunktionen“ für junge Lehrerinnen und Lehrer in Ausbildung geplant: halbe Lehrverpflichtung, keine Klassenvorstandsfunktion.

Ich halte das an sich für richtig – es ist ungefähr eine Rückkehr zu dem, was schon in meiner Studienzeit – vor etwa 45 Jahren! – galt: damals war ein Lehramtsstudium an der Uni mit (mindestens) 9 Semestern geplant; für eine Lehrtätigkeit an „Hauptschulen“ (später Mittelschulen, Sekundarstufe 1) wurde man in 3 Jahren (6 Semestern) ausgebildet; für die Volksschulen (Primarstufe) waren es nur 2 Jahre (4 Semester).

Ich halte es auch für richtig, Studierende bereits im Rahmen des Bachelorstudiums mit der Schulrealität zu konfrontieren, damit sie sich damit auseinander setzen können – in Form von zeitlich beschränkten Praktika; nicht als Dienstverhältnisse. (Das mussten wir uns als Studierendenvertreter*innen noch erkämpfen.)

Die Ausbildung für die Volksschule hat sich damit verlängert – das finde ich vernünftig. Diese Grundausbildung ist extrem wichtig – für die betroffenen Kinder wie für die jungen Lehrkräfte. Der Schnellsiedekurs von 2 Jahren „zu meiner Zeit“ war damals schon sehr wenig und wäre heute viel zu wenig.

Bedenken?

Im Bereich der Pflichtschule (Primarstufe und Sekundarstufe 1, Alter 6-14) können 3 Jahre Bachelor ausreichen; es ist heute wichtig, das mit Bereichen wie Mediendidaktik und Deutsch als Zweitsprache von vornherein zu vertiefen: gut so. Ich halte allerdings 3 Lehramtsausbildungsjahre für einen Unterricht in der Sekundarstufe 2 („Oberstufe“, Alter 15-19) für zu wenig; da müsste die fachliche Vertiefung über ein Master-Studium Voraussetzung sein, meine ich. Da geht es (auch!) um Lehrinhalte, die in einem Bachelor nicht wirklich abgedeckt werden können.

Was meines Erachtens gar nicht geht ist das Unterrichten von Fächern, die man nicht studiert hat, speziell in der Oberstufe.

Ein Meilenstein?

Lehrerinnen und Lehrer müssen kompetent sein: kommunikativ-pädagogisch kompetent, aber auch fachkompetent. Beides ist notwendig: es geht nicht ohne. Fachkompetenz bedeutet da auch mehr, als den Unterrichtsstoff zu beherrschen: man sollte auch über ihn hinaus denken können.

Minister Polaschek hat die neue Reform als „Meilenstein“ bezeichnet: der Herr Minister neigt bekanntlich zu Überzeichnungen. Wir hatten das alles eigentlich schon einmal.

Entwicklung der Schule

Hat sich also in der Schule insgesamt nicht viel getan? Doch! Die Inhalte haben sich nicht so sehr verändert; die Herangehensweisen aber sehr wohl und mit ihnen auch die Prüfungsmethoden. (Diese Entwicklung wird sich im Zeichen der KI noch fortsetzen.) Heute leben wir in einer Situation, in der praktisch alle Schulinhalte permanent als (mehr oder weniger gute) Lernvideos zur Verfügung stehen; dafür geht es heute darum, diese Medien sinnvoll nutzen zu lernen. Wir mussten damals noch deutlich mehr Fachstoff parat haben; dafür war unsere pädagogische und fachdidaktische Ausbildung geradezu ärmlich: ich habe da die Reform noch erlebt und in Teilen mitgestaltet.

Mit Medien kritisch und produktiv umgehen zu können ist eine Anforderung an Schüler*innen wie an Lehrpersonen. Das geht nicht nur mit KI: es braucht dazu auch die wirklich wertvolle NI („Natürliche Intelligenz“). Den Inhalt „downgeloadet“ zu haben heißt eben nicht, ihn bereits verstanden zu haben. Das täuscht oft: „ja, das Video dazu hab ich“.

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