Veröffentlicht in Bildung, Politik

Österreich – (k)ein Einwanderungsland?

Österreich sei kein Einwanderungsland. Sagten vor kurzem Kurz und Strache. (Oder waren es – nach Antonio Fian – Sturz und Krache? Oder doch Kickl? Oder Hart-Kleininger? Wurschtegal.)

Schauen wir uns die Bevölkerungs-„Pyramide“ an. (Pyramide ist sie schon lange keine mehr!):

 

 

Sie sagt: Österreich ist ein Einwanderungsland. Wir brauchen dringend eine Verbreiterung der Basis. Die zahlt die Pensionsbeiträge für den Teil, der vor 1952 geboren ist.

*

Schauen wir uns die Geburtenrate an. Oder die Fruchtbarkeitsrate.

(Das Bild kam direkt als Ersteintrag in der Suchmaschine.)

1,49 Geburten pro Frau. Mittlerweile afaik weniger. Weniger als in der Schweiz. Weniger als in Deutschland. Viel zu wenig, um die Bevölkerungszahl auch nur zu erhalten. (Das müssten dann ein bisschen mehr als 2 sein.)

Die Grafik sagt: Österreich ist ein Einwanderungsland.

*

Schauen wir uns die Geburtenbilanz an.

Quelle: kurier.at/chronik/oesterreich/oesterreich-mit-positiver-geburtenbilanz-2017/311.731.070

Die Geburten gehen i.W. zurück.

Die Grafik sagt: Österreich ist ein Einwanderungsland.

Warum aber …?

Warum aber sagen Kurz & Strache & Kickl, Österreich sei kein Einwanderungsland? Weil sie meinen, man könne mit Einwanderern Ängste schüren. Warum aber wollen sie Ängste schüren? Weil sie die nächste Wahl gewinnen wollen. Die VF-Koalition lebt vom Angst machen. Angst um den kleinen Wohlstand, den „Einwanderer“ in Frage stellen könnten. Irreal. Irre.

Ist das neu?

Österreich ist seit Jahrhunderten ein Einwanderungsland. Wir kommen ohne einwandernde Menschen gar nicht aus. Schauen Sie sich die Telefonbücher an. Im Osten Österreichs die Hawliceks, Hrdlickas, Kozofans, Nowotnys, Pospischils, Prohaskas, Sobotkas, … Alle eingewandert aus den Randbereichen der k.k. Monarchie. Ohne sie wäre es nicht gegangen.

Im Westen Österreichs: die Barattos, die Borgognos, die Franceschinis, die Hribars und Hrubys, die Pecoraros, … Ohne sie gäbe es keine Arlbergstraße und keine Arlbergbahn. Eingewandert aus „Welschtirol“, aus Italien. Oder von wo immer.

Später kamen sie aus Jugoslawien: die Kolarics, die Matics, die Hojacs, die Junuzovics, die Dragovics, die Arnautovics … Ohne sie hätten wir Österreich zusperren können.

Dann kamen sie aus der Türkei. Jetzt kommen sie auch aus dem Nahen Osten und aus Afrika. Die Alabas …

Sie kommen immer weiter her. Es ist eine globalisierte Welt geworden. Wir brauchen sie. Ohne sie könnten wir einpacken. Sie verrichten die Jobs, für die wir keine sogenannten „Einheimischen“ mehr finden. Aus den „tschechischen Schwestern“ in der 24-Stunden-Pflege sind allmählich slowakische, bulgarische, rumänische, ukrainische Schwestern geworden. Wir können sie uns nur leisten, weil wir ihnen für ihre Kinder zuhause eine normale Kinderbeihilfe bezahlen.

Wir sollten sie gut behandeln – so gut, wie wir selbst behandelt werden wollen. Wir sollten keine Angst vor ihnen haben – so wenig wie vor uns selbst.

Aber ich gebe zu: vor manchen von uns selbst hab selbst ich Angst.

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[…] habe gestern im Artikel „Österreich – (k)ein Einwanderungsland?“ die These, dass Rechtspopulisten von einer Politik durch Angst machen leben, frei von […]