michael bürkle

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Michael Bürkle

Seriösester Minister zurückgetreten

Gesundheitsminister Anschober wird am Montag sein Amt übergeben. Der Minister ist offensichtlich geschwächt; er hat ganze Arbeit geleistet – unter widrigsten Umständen. Er fühlt sich nicht mehr gesund und übergibt sein Amt.

Ich wünsche ihm das Beste.

Minister Anschober war aus meiner Sicht innerhalb der Bundesregierung derjenige, der am seriösesten eine nachvollziehbare Politik gestaltet hat – mit einem Ausmaß an Selbstkritik, das in unserem politischen System seinesgleichen suchte und nicht fand. Ich kann mir nicht vorstellen, dass „etwas Besseres“ nachkommt; wir werden froh sein müsssen, wenn „etwas Vergleichbares“ folgt. Die Latte liegt hoch.

Nicht umsonst hat der Minister bis zuletzt ungewöhnlich hohe Beliebtheitswerte in Umfragen gehabt, und das, obwohl die von ihm gesetzten Maßnahmen alle Bürger*innen betroffen und eingeschränkt haben – und dementsprechend „unpopulär“ waren. (In einem „Zeugnis“ mit Schulnoten, erstellt auf der Basis einer Market-Umfrage, veröffentlicht im Standard vom Di 6.4., ist Rudolf Anschober mit der Note 2,99 praktisch der, der am besten abschneidet; nur Alma Zadic liegt mit Note 2,79 etwas besser. Kurz kam da auf 3,22, Kogler auf 3,21, die Regierung im Schnitt auf 3,41.)

*

Was kann man Anschober als Fehler ankreiden? Mir fällt nur ein: vielleicht zu sehr und manchmal zu lange auf Konsens gesetzt zu haben.


Das Market-Standard-Regierungszeugnis:

Das muss man als Gesundheitsminister in einer Pandemie erst zusammenbringen.


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Kommentare

3 Antworten zu „Seriösester Minister zurückgetreten“

  1. Avatar von Whisker
    Whisker

    > Was kann man Anschober als Fehler ankreiden? Mir fällt nur ein: vielleicht zu sehr
    > und manchmal zu lange auf Konsens gesetzt zu haben.
    Da fällt mir noch ein Kritikpunkt ein: mangelnde Führungsstärke.

    Denn Minister sind in ihren Ressorts die Letzveranwortlichen, diejenigen, die letzten Endes sagen „wo es lang geht“.
    Und ja, natürlich ist es unverzichtbar, dass sich gute Minister von Fachleuten beraten lassen und dass ihre Entscheidungen damit von diesen Fachleuten beeinflußt werden – aber irgendwann müssen Minister sich dazu durchringen zu sagen: „Okay, genau so und nicht anders machen wir das jetzt“.

    Und das hat mir bei Anschober komplett gefehlt. Ich hatte bei ihm immer den Eindruck, dass er lieber noch einmal mehr mit allen geredet hätte, sich noch einmal mehr beraten lassen wollte und ständig die Kooperation suchte. Und das ist grundsätzlich durchaus positiv und eine sehr löbliche Vorgangsweise.

    Aber die funktioniert nur, wenn die Leute, mit denen man zusammenarbeitet, ebenfalls in gleichem Maße kooperativ sind, denn sonst wird man mit einer kooperativen Vorgangsweise nur scheitern und am Nasenring herumgeführt werden.

    Und genau das trifft auf die ÖVP-Regierungsmitglieder zu: die wollen eben nicht kooperieren, sondern ausschließlich das umsetzen, was sie wollen und wie sie es wollen.

    Und das hat Anschober leider nicht eingesehen bzw. wollte es vielleicht nicht einsehen, sondern dachte sich vielleicht etwas in der Art wie: „Naja, irgendwann derlernens das schon auch noch“. Und das war (vielleicht) sein größter Fehler.

    D.h. er hätte in seinem eigenen Ressort selbst und alleine entscheiden und dem BK sowie den anderen Ministern wie z.B. speziell Edtstadler konsequent klipp und klar ausrichten müssen, dass sie sich gefälligst um ihren eigenen Kram zu kümmern und ihm nicht in sein Ressort dreinzupfuschen haben.

    Und dann wäre er vielleicht sogar noch Minister, denn ich glaube, sein übertriebener Kooperationswille, der immer ins Leere lief, war ein wesentlicher Faktor dafür, dass er sich zu sehr sinnlos verausgabt und damit seine Gesundheit letzten Endes überstrapaziert hat.

    1. Avatar von michael bürkle
      michael bürkle

      hi,
      ich meine: manchmal zu lange auf konsens gesetzt
      du meinst: zu geringe führungsstärke.
      allzu weit sind wir nicht auseinander.
      m.

      1. Avatar von Whisker
        Whisker

        > allzu weit sind wir nicht auseinander.
        Yep.

        Wobei ich Anschober auch noch eine andere Sache ankreide:
        Wenn ich mich richtig erinnere, hat er bzw. das Ministerium im Jänner die Veröffentlichung der Rohdaten abgelehnt (ich finde leider die Artikel nicht mehr, soweit ich mich erinnere, könnte das epicenter.works gewesen sein), auf deren Basis sein Ministerium die Coronazahlen und Prognosen erstellt.
        Und zwar mit der Begründung, dass es „zuviel Arbeit“ wäre, diese Daten aufzubereiten.

        Und sowas ist für einen Minister, der einer Partei angehört, die als Oppositionspartei seit Jahrzehnten ständig mehr Transparenz gefordert hat, auch ein ziemlich schweres Foul.
        Denn bei Rohdaten gibt es ja eben nichts „aufzubereiten“.

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