michael bürkle

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Michael Bürkle

Tragödie: Fitnessstudios schließen

Bericht aus dem ORF-Studio Salzburg: Fitnessstudios konnten in den letzten Monaten kaum neue Kunden akquirieren. Viele laufen Gefahr, in eine Pleite zu schlittern.

Schrecklich.

Was kann man dagegen tun?

Ich schlage vor: NICHTS. Fitnessstudios sind ein völlig unnützes Segment in einer überkandidelten spätkapitalistischen Spaß-Gesellschaft. Diese Branche ist verzichtbar. Ohne Verlust. Fitnesstraininig kann man selbst machen; man braucht kein „Studio“ dafür. In den allermeisten Fällen würde ich den muskelbepackten Fitnessfanatikern ein geistiges Fitnesstraining verordnen. Das wäre in einer vernetzten globalisierten Welt deutlich wichtiger … als „die Muckis“.

(Allerdings würden mir relativ schnell noch ein paar andere Branchen einfallen, für die das zutrifft. Wenn ichs nur schon hör: „Lifestyle“.)


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2 Antworten zu „Tragödie: Fitnessstudios schließen“

  1. Avatar von Whisker
    Whisker

    „Fitnessstudios sind ein völlig unnützes Segment in einer überkandidelten spätkapitalistischen Spaß-Gesellschaft.“

    Da muss ich jetzt teilweise (sic!) ein bißchen widersprechen, denn das ist etwas zu einseitig betrachtet.
    Ich hab ja selbst einige Jahre in einem Fitneßcenter gearbeitet (allerdings nicht als Trainer, sondern quasi in der „Wartung und Instandhaltung“) und damit gesehen, wer so aller ins Fitneßcenter geht, und daher muss ich feststellen: so einfach ist das nicht.

    Denn es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen ins Fitneßcenter gehen (und ja, nicht alle Gründe sind gut, d.h. ich versuch, ein möglichst breites Spektrum abzudecken, warum Leute in Fitneßcenter gehen).

    Zum Beispiel zur Rehabilitation: in dem Studio, in dem ich arbeitete, hatten wir immer wieder Kunden, die z.B. nach Operationenzu uns kamen, und zwar mit ausgearbeiteten Trainingsplänen, die Physiotherapeuten aus der Klinik oder von der Krankenkasse für sie erstellt hatten. Oder auch oder Reha-Aufenthalten, weil sie dort die Empfehlung bekamen, weiter zu trainieren, um ihre Gesundheit zu erhalten.
    D.h. auch wenn solche Kunden vielleicht nicht die große Masse ausmachen, sind Fitneßcenter sinnvoll, weil sie mithelfen, das Gesundheitssystem zu entlasten.
    (Ein Bekannter von mir war z.B. jahrzehntelang schwerst übergewichtig, hatte deswegen vor einiger Zeit eine Magenbypass-OP und trainiert seitdem auf Empfehlung „seiner“ Ärzte und Diätassistenten in einem Fitneßstudio, um die überflüssigen Pfunde auch noch wegzukriegen. D.h. der hat dafür einen Trainingsplan, der von Profis gezielt für ihn ausgearbeitet wurde.)

    Oder es kommen auch Menschen, die z.B. im Büro arbeiten oder studieren und gezielt trainieren wollen, um z.B. Rückenproblemen vorzubeugen, die sie wegen ihrer vorwiegend sitzenden Tätigkeit irgendwann bekommen könnten. Oder weil sie einfach einen Ausgleich dafür suchen, dass sie sich untertags relativ wenig bewegen. Und ja natürlich könnten die auch z.B. einfach joggen gehen oder zuhause Liegestütze machen.

    Aber wenn denen sowas einfach nicht taugt, sondern die stattdessen lieber z.B. Hanteln schupfen, dann ist das ganz alleine deren Sache und auch deren gutes Recht, sich auszusuchen, was sie bevorzugen. Denn was da noch dazukommt: wenn sie ein Training machen, das ihnen gefällt, dann ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie dabeibleiben – denn wenn jemand z.B. nicht gerne laufen geht, dann wird so jemand vielleicht damit anfangen, aber das eher nicht durchhalten.

    D.h. Fitneßcenter haben per se durchaus ihre Berechtigung. Und jetzt das große „Aber“:

    Es ist allerdings eine ganz andere Sache, wie Fitneßcenter betrieben werden, und da liegt durchaus einiges im Argen und da gibt es einiges an Verbesserungsbedarf, wo eventuell auch der Staat teilweise eingreifen könnte.

    Zum Beispiel bei den Arbeitsverhältnissen: in der Branche sind Vollzeitstellen nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Das mag z.B. für Studenten sinnvoll sein, die sich damit neben dem Studium Geld verdienen, und für die ist z.B. ein Job auf geringfügiger Basis recht praktisch bzw. teilweise sogar notwendig.
    Allerdings hat sich mittlerweile auch die Unsitte eingebürgert, dass viele Fitneßcenter nur noch Teilzeitkräfte beschäftigen, um damit „lästige“ Lohnnebenkosten zu sparen, obwohl Leute durchaus auch gerne Vollzeit arbeiten würden – aber das ist dann der Firma zu „teuer“, weil das ja den Umsatz und damit den Gewinn schmälern würde.
    Und deswegen brauchen diese Leute dann nebenher noch zwei oder gar drei Jobs, nur um auf einen brauchbaren monatlichen Verdienst zu kommen – und das obwohl sie eigentlich eine Ausbildung als Trainer hätten oder vielleicht sogar mal selbst Profisportler waren und damit schlicht unterbezahlt sind.
    D.h. da wäre es überfällig, dass der Staat solchen Praktiken einen Riegel vorschiebt.

    Ein weiteres Problem ist auch, dass gerade in Fitneßcentern, die zu großen Ketten gehören, beinhart „von oben“ Druck gemacht wird, dass Umsatz gemacht wird.
    Z.B. sollten sich jedes Monat sollten am besten noch mehr Menschen als Mitglieder einschreiben als im Vormonat, d.h. da wird auf gerade krankhafte Weise ein ständiges Wachstum gepredigt und gefordert, das auf Dauer einfach nicht funktionieren kann.

    Oder die Center haben teilweise 24 Stunden geöffnet, obwohl sich das wegen der Betriebskosten eigentlich gar nicht auszahlen kann, weil in der Zeit zwischen z.B. 2200-2300 Uhr bis kurz vor sechs Uhr morgens grade mal drei Leute zum Trainieren kommen, wegen denen das gesamte Studio beleuchtet, klimatisiert und beschallt wird.
    Aber irgendwie scheint sich das entweder trotzdem auszuzahlen, weil z.B. bei den Personalkosten „gespart“ wird, oder es gibt vielleicht in einigen Jahren wieder mal eine Megapleite, weil eine ganze Kette den Bach runtergeht und sich alle darüber wundern, wie das passieren konnte, obwohl die Kette jahrelang angeblich so gut lief.

    Oder es gibt Vorgaben von oben, diverse Produkte wie Eiweißshakes, Energieriegel etc. massiv zu bewerben, weil das ja auch wieder Umsatz generiert. Nur: ob die Kunden das auch wirklich brauchen und was davon haben, ist völlig nebensächlich, sondern es wird auf Teufel komm raus damit geworben, dass das für ein „richtiges Training unbedingt nötig wäre.
    Und deswegen kostet dann z.B. in einem Center eine Ein-Liter-Flasche simpelstes Mineralwasser in einer Einweg-PET-Flasche aus dem Automaten fast zwei Euro, anstatt dass man z.B. Trinkbrunnen einrichtet, an denen sich die Mitglieder ihre eigenen Flaschen mit Wasser füllen können (meinetwegen auch gerne gegen Bezahlung von ein paar Cent, um damit die Kosten für Wartung, Reinigung und Reparaturen etc. wieder reinzukriegen).
    Wobei da natürlich auch hinterfragenswert wäre, wie dumm manche Kunden anscheinend sind, um auf einen solchen Wucher reinzufallen. Beziehungsweise inwiefern man damit die Bequemlichkeit von Menschen ausnützt, die schlicht und einfach zu faul sind, um eine eigene Flasche mitzunehmen, weil: “ ach, ich hol mir halt einfach eine (überteuerte) Flasche aus dem Automaten und schmeiß die dann halbvoll weg oder lass sie einfach stehen, weil sie eh jemand wegräumt“ (und das Studio entsorgt dann pro Tag bis zu vier 120-Liter-Müllsäcke mit Plastikmüll).

    D.h. da wäre meiner meinung nach ebenfalls der Staat massiv in der Pflicht, endlich einmal auf Einweg-PET-Flaschen und Verpackungen auf Kunststoff so dermaßen exorbitante Pfand- und Entsorgungsgebühren einzuheben, dass sich der ganze unnötige (sic!) Einwegkram vorne und hinten nicht mehr auszahlen kann.
    Denn in dem Studio, in dem ich arbeitete, gab es ursprünglich Getränke nur in Glas- bzw. Mehrweg-PET-flaschen, und die Fächer für die Getränkekisten, in denen man die leeren Flaschen dann entsorgen konnte, gibts dort heute noch – aber die sind jetzt ungenutzt und nur eine sinnlose „Zusatzaufgabe“ für die Reinigungskräfte. Weil die Firma irgendwann der Meinung war, Einweg-PET-Flaschen zu verkaufen und deswegen halt mehr Plastikmüll zu entsorgen wäre für sie billiger und „umsatzfreundlicher.

    Okay, das war jetzt fürs erste lang genug, denk ich, daher mein Fazit:

    Fitnesscenter sind meiner Meinung nach per se durchaus eine gute Sache, weil sie viele Menschen dazu motivieren, sich sportlich zu betätigen, zu trainieren und damit etwas für ihre Gesundheit zu tun. Und das kommt a la longue nicht nur diesen Menschen zugute, sondern auch dem Gesundheitssystem und damit dem Staat helfen würde – weil der damit Geld im Gesundheitssystem sparen könnte, das eigentlich unnötig wäre und woanders wesentlich dringender gebraucht würde.

    Aber das größte Problem ist: Fitnesscenter sind ein „Industriezweig“, der leider nicht nur allgemein sehr wenig reguliert ist, sondern auch speziell im Hinblick auf Arbeitnehmerrechte und gewerkschaftliche Organisation.
    Und deswegen wäre es dringend notwendig, dass da einerseits der Staat endlich massiv regulierend eingreift, und andererseits müssten sich auch Gewerkschaften (namentlich die vida) da wesentlich mehr engagieren, um mehr Mitglieder zu gewinnen und damit sowohl staatliche Maßnahmen durchzusetzen als auch einen stärkeren Hebel zu haben, um die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung zu verbessern.

    Denn z.B. der Konzern, zu denen das Fitnesstudio gehört, in dem ich gearbeitet habe (ich nenn jetzt keinen Namen, sondern verweise nur darauf, dass die Studios unter einem „schottisch“ klingenden Namen firmieren) lukrierte u.a. im Jahr 2019 schlappe 313,9 Millionen Euro Umsatz. Und ich gönne es dem Konzern grundsätzlich durchaus, dass er sich dumm und dämlich verdient – aber ausschließlich dann, wenn das für alle Beteiligten fair abläuft.
    Ansonsten würde ich es nicht nur feiern, wenn der Konzern irgendwann auf die Schnauze fällt, sondern es wäre mir persönlich ein Bedürfnis und eine Freude, auf dessen metaphorischem Grab metaphorisch das Resultat meiner Nierenfunktion zu hinterlassen (ich hoffe, ich hab das jetzt dezent genug formuliert).

    1. Avatar von michael bürkle
      michael bürkle

      hi,
      vielen dank für die zusätzliche sichtweise. offensichtlich ist meine formulierung („völlig unnützes Segment in einer überkandidelten spätkapitalistischen Spaß-Gesellschaft“) doch etwas überzogen. (aber ganz falsch isses glaubich nicht.)
      lg
      m

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