Veröffentlicht in allgemein, Bildung, Politik

WUMMMMM!

Heiliger BIMMBAMM! 

Nr. 1

Es muss ca. 2002 gewesen sein. Es war Donnerstag und ich hatte in meinem Job noch einiges zu tun – und fuhr ins Büro im Stadtzentrum. Seltsam: wenig Verkehr!

Ich arbeitete, konzentriert. Es war sehr ruhig im Büro. Doch plötzlich: ein ungeheurer Krach. „WUMMMMM“ gibt es nur ungenügend wieder. Und noch ein „WUMMMMM“. Ich fiel fast vom Stuhl. Ich tastete mich zum Fenster und blickte hinaus auf den Platz vor dem Ferdinandeum. Da waren sie: die Tiroler „Schitz’n“ schossen Salven. Und da wurde mir klar: es war nicht nur Donnerstag: es war Fronleichnam. Und ich erblickte in den Schitzn den paramilitärischen Teil einer klassischen Innsbrucker Fronleichnamsprozession.

Nr. 2

Heute war wieder Fronleichnam, das „Hochfest des heiligsten Leibes und Blutes Christi“. Der „offensivste“ katholische Feiertag: da „gehen Christen auf die Straße“ – nein, nicht alle: vor allem römische Katholiken. Fronleichnam sei „einer der katholischsten Termine im Kirchenjahr“, schreibt der ORF auf seiner Religionsseite.

Das WUMMMM ist mir heute – beinahe! – erspart geblieben. Heute waren es – vermutlich – geschlagene 24 Minuten BIMM BAMM BIMM BUMM BAMM BAMM BIMM BUMM

Die nahe Pfarrkirche „beglückte“ uns mehr als 20 Minuten lang mit dem ohrenbetäubenden Getöse ihres Glockenwerks. Ich glaub, es begann um Punkt 10 Uhr und hörte jedenfalls um exakt 10:24 auf. Mit und nach 24 Minuten Getöse macht einem die katholische Kirche klar, was „Erlösung“ heißt.

Was bilden die sich eigentlich ein? 2022 waren gerade noch 51,9% aller österreichischen Bürger*innen katholisch; Tendenz fallend. Es hat sich – hoffentlich bald! – ausgeläutet!

Um 10:31 kam dann doch noch ein WUMMMM! Nicht mehr so schlimm wie 2002, weil weiter entfernt. Aber auch heute noch schossen die Schitzn.

„Fronleichnam“?

Was feiern die überhaupt? Sie feiern „die bleibende Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie“. Aha! Ach so. Wie bitte? Was?

Die römisch-katholische Kirche lehrt die Realpräsenz Jesu Christi in den Gestalten von Brot und Wein in der Eucharistie. Indem der Priester, der damit in persona Christi handelt, während des Hochgebetes die Einsetzungsworte „Das ist mein Leib“ und „Das ist mein Blut“ ausspricht (Konsekration), geschehe die geheimnisvolle Wandlung (Transsubstantiation) der Substanz von Brot und Wein in den wahren Leib und das wahre Blut Christi.

Das also sei der Grund für das Gebimmel, Gebammel und Gebummel. Und für den Schuss, den das Ganze noch hat.

Was ich will

Ich lebe ohne Religion. Das geht sehr gut. Ich habe auch keinerlei Ehrgeiz, den Katholizismus durch eine andere Religion, sei sie aus der Bronzezeit, der Antike, dem Frühmittelalter oder gar dem 20. Jahrhundert zu ersetzen. Es geht wunderbar ohne! Ich will auch niemandem seine Religion wegnehmen: wenn man sie braucht … soll man sie haben, als Privatsache. Aber ich will von solchen Religionen auch nicht zwangsbeglückt werden: nicht von Glockengeläut und nicht von anderer Religionsakustik. Das ist eine Zumutung.

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Whisker
Whisker
10 Monate alt

> Aber ich will von solchen Religionen auch nicht zwangsbeglückt werden: nicht > von Glockengeläut und nicht von anderer Religionsakustik. Das ist eine Zumutung. Die Pfarrkirche Bregenz-St. Gallus in Bregenz liegt ca. 100 Meter nordöstlich von der Krankenpflegeschule, und als ich seinerzeit letztere besuchte, hatten wir „dank“ dieser Kirche vom Frühjahr bis zum Herbst an jeden Freitag pünktlich um 1500 Uhr eine Viertelstunde „Zwangspause“. Warum? Weil das laut katholischer Lehre der exakte Todeszeitpunkt von Jesus am Kreuz sein soll (schon interessant, wie genau man schon vor 2000 Jahren die Tageszeit bestimmen konnte…), und deswegen wird eben jeden Freitagnachmittag geschlagene 15… Mehr »