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FPÖ für E-Fuels (!?)

Die Zukunft in Nordafrika?

Heute eine Meldung in ORF online: Der Umweltsprecher und der Innovationssprecher der FPÖ, die Herren Rauch und Deimek, haben offenbar den Hauch einer Ahnung vom Klimawandel entwickelt und sich öffentlich für in Nordafrika hergestellte E-Fuels ausgesprochen. Schließlich gebe es in Nordafrika (Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten) genügend Sonnenschein, um mit Photovoltaik-Kraftwerken die äußerst energieintensive Produktion von E-Fuels für die europäischen Märkte zu bewerkstelligen. (Außerdem würde eine solare Industrie dort Arbeitsplätze schaffen und – für die FPÖ besonders wichtig – die Migration eindämmen.)

Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber es gibt mehrere große ABERs.

ABER

1. Die Länder Nordafrikas haben ein eigenes Energieproblem. Ihre Wirtschaft ist noch sehr fossil orientiert. Sie werden PV-Strom benötigen: zunächst aber für sich selbst. Und die Zeiten, wo man in Afrika einmarschiert ist, um sich die Boden- und andere Schätze zu sichern, sind wohl vorbei. Man wird auf Augenhöhe verhandeln müssen.

2. Für die Erzeugung von E-Fuels braucht es viel Strom, der aus nicht-fossil orientierter Produktion stammen muss, weil er sonst selbst mit CO2-Emissionen belastet ist. Diesen Strom könnte man mit Photovoltaik-Kraftwerken in Nordafrika durchaus erzeugen. Es braucht für E-Fuels aber auch (a) Wasser und (b) CO2. Damit ist Nordafrika nun gar nicht wirklich gesegnet. (Wie sich das mit E-Fuels genau verhält, erklärt der Physiker, Philosoph und Wissenschaftskommunikator Harald Lesch z.B. in einem Beitrag der Sendereihe Terra X.)

(Eine Variante zu E-Fuels wäre „grüner“ = nicht-fossil erzeugter Wasserstoff. Auch für den braucht man sehr viel Energie – und Wasser.)

3. Es gibt ein gravierendes Transportproblem zwischen Nordafrika und Europa: das Mittelmeer.

4. Die FPÖ-Denker sind nicht die ersten, die auf die Idee gekommen sind. Zunächst grandios gescheitert (siehe z.B. Tagesschau, Standard) ist das Projekt „Desertec“, in dem mehrere deutsche Energiekonzerne in Nordafrika Energie für den europäischen Markt erzeugen wollten.

5. Wir werden vermutlich E-Fuels brauchen. Aber nicht für den PKW-Verkehr; das wird sich niemals ausgehen. Sondern eventuell für große Maschinen in der Industrie.

*

Tatsächlich wäre eine Entwicklungszusammenarbeit zwischen Europa und Afrika – übrigens: nicht nur Nordafrika! – sinnvoll um Ressourcen gemeinsam zu nutzen. Eine neue „Abhängigkeit“ würde ich da nicht befürchten: wir sind in Europa sowieso nie autark und brauchen immer Handelspartner in der Welt. So wie alle anderen auch. Und Nordafrika ist mir insgesamt vielleicht noch lieber als Russland oder Saudi-Arabien.

Leicht optimistisch könnte stimmen, dass es nun auch in der FPÖ Leute gibt, die offenbar den Klimawandel sehen, ernst nehmen und über Lösungen nachdenken.

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