Veröffentlicht in Politik

Norbert Hofer ist kein Nazi: Teil 3

Es war Anfang September: die Wiederholung der Stichwahl für die Bundespräsidentenwahl war auf 2. Oktober festgelegt. Ich kam zur Gruppensitzung der Rumer Grünen wieder einmal zu spät, denn für Abendschullehrer sind Abendsitzungen in Gemeindepolitik kaum möglich, schon gar nicht rechtzeitiges Erscheinen. Die Sitzung war bereits gelaufen; die Gruppe hatte sich auch über das Wie des Einsatzes für Alexander Van der Bellen im Präsidentschaftswahlkampf Gedanken gemacht.

Ich bin ein schlechter Straßen-Wahlkämpfer; aufgrund meiner Beinverletzung „dersteh ichs nicht mehr“ lang. Aber ich machte noch den Vorschlag, einen Postwurf zu machen, besser noch: zu versuchen, ein unabhängiges, parteiübergreifendes Personenkomitee aufzustellen, das einen Postwurf für Van der Bellen macht. Ich hatte auch inhaltliche Ideen, die ich danach im Beitrag „Warum Alexander van der Bellen?“ vom 8. September zusammengeschrieben habe.  Die Vorderseite sollte z.B. lauten:

Norbert Hofer
ist kein Nazi!
Aber
Rum wählt
van der Bellen.

In der Gruppe war nicht nur Zustimmung spürbar, aber es regte sich kein spontaner Protest.

Ein paar Tage später wurde die Wahl auf 4.12. verschoben: Wahlkarten hatten sich als fehlerhaft herausgestellt. Der Vorschlag war nicht mehr so aktuell.


Mitte Oktober wurde er wieder aktuell. Ich machte mich auf die Suche nach einem Personenkomitee. Und ein paar andere suchten auch. Aber die Inhalte waren plötzlich ein Problem.

Ein Kollege – danke! – hatte mir mittlerweile die Rückseite des Postwurfs in viel verständlichere Form gebracht. Darüber waren alle glücklich. Aber die Vorderseite – vor allem: „Norbert Hofer ist kein Nazi!“ – wurde zum Diskussionspunkt. Und zwar äußerst divergierend:

  • Man solle Hofer nicht so viel Platz einräumen.
  • Man könne nicht sagen, Hofer sei kein Nazi, denn er sei einer.
  • Hofer sei möglicherweise ein Nazi, aber man solle jedenfalls nicht darüber reden, weil man sich nicht auf das Niveau der Hofer-Kampagne hinunter begeben solle.
  • Hofer sei kein Nazi und es sei unfair, das in den Mittelpunkt zu stellen.
  • Man solle Positives über Van der Bellen sagen und nicht über Hofer reden, Nazi hin oder her.

Und so weiter.

Ich versuchte, den Slogan so lang es ging, zu verteidigen. Mir war ein „kantiger“ Postwurf wichtig; es war mir wichtig, die Diskussion um die Frage, ob man Hofer als „Nazi“ bezeichnen könne, aufzunehmen: schließlich war z.B. der Tiroler SPÖ-Vorsitzende Mayr wegen des impliziten Vorwurfs, Hofer sei Nazi, strafrechtlich verurteilt und zivilrechtlich zunächst freigesprochen worden. Mir war auch wichtig, den Begriff „Nazi“ tatsächlich nicht auf Hofer anzuwenden, denn ich dachte und denke immer noch, dass es keine vernünftige zeitgemäße Definition von „Nazi“ gibt, die man Hofer umhängen kann. Meines Erachtens kann und soll man ihn nicht als „Nazi“ bezeichnen und man soll auf sein Bild keine Hakenkreuze schmieren. (Das ist inhaltlich nicht richtig und strategisch deshalb kontraproduktiv.)

Aber als das prominenteste nicht-grüne Mitglied des Personenkomitees dieselben Bedenken äußerte, gab ich auf. Es war der 3. November und es entstand …

Deine Stimme
zählt.
Rum wählt
Van der Bellen

und die Rückseite mit der Textierung meines Kollegen. Von mir war jetzt nur mehr (1.) die Idee, (2.) der 2. Satz auf der Vorderseite und (3.) die Formulierung „weil Macht Kontrolle braucht“ auf der Rückseite. (Und auch die ist ja von der Hofer-Kampagne, aber sie stimmt natürlich. Nur passt sie – glaube ich – viel besser zu Van der Bellen als zu Hofer.)

Zu dieser Formulierung fand sich schnell ein Personenkomitee von über 30 Personen, die Mehrzahl ohne Grüne Vergangenheit und Gegenwart. Menschen, die vom Personenkomitee hörten, meldeten sich und wollten mitmachen! Wer wollte, konnte sich auch an den Kosten beteiligen; den Rest übernahm ich. Bei 33 machten wir Schluss und gaben das Ding in Druck und Versand. Ein lieber Freund hatte die wichtigsten Funktionen übernommen, hatte Layout, Kontakt zur Druckerei und zum Versand hergestellt und durchgezogen.

Alle Rechnungen sind bezahlt. Geld der Grünen wurde keines verwendet, weder der Bundes-, noch der Landes- noch der Gemeindegrünen. Auch Geld der Kampagne Van der Bellen brauchten wir nicht. Wir haben dort auch nicht um Erlaubnis gefragt; wir haben sie aber informiert. Am 12. November war die Sache reif.

Nach Aussendung des Postwurfs gabs schnell böse postings in den sogenannten „sozialen Medien“. Na gut: damit war zu rechnen. Offensichtlich war auch das „entschärfte“, nazi-lose Ding noch Aufreger genug. Gut so.

Die Rumer Grünen übernahmen die Idee noch und finanzierten ein Inserat des Personenkomitees im Bezirksblatt. Ich freute mich darüber.

Jetzt warten wir auf das Wahlergebnis. Möge die Übung gelungen sein.


Der Postwurf zum download:

 van-der-bellen20161112

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