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Eine an sich logische Idee …

Eine „neue Idee“?

Heute tritt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) mit einer an sich logischen Idee, ja gar: „mit einer neuen Strategie“ an die Öffentlichkeit: wir könnten ja nicht nur CO2-Emissionen vermeiden, sondern auch bereits emittiertes CO2 wieder aus der Luft herausholen und irgendwo einlagern.

Warum macht das der Finanzminister? Offenbar ist er der, der in der ÖVP für die etwas seriöseren klimapolitischen Vorschläge sorgen soll. Schließlich war Brunner schon Staatssekretär bei Ministerin Gewessler und davor Vorstand der ÖMAG, der Abwicklungsstelle für Ökostrom.

(Wenn das Engagement Brunners dazu führt, dass die unsägliche Anbetung des Verbrennungsmotors durch den Kanzler damit beendet wird, hätte das ja auch sein Gutes.)

Die Idee ist nicht neu

Die Idee Brunners ist nicht neu. Unter dem Stichwort CCS (Carbon Dioxide Capture and Storage) gibt es das schon lange. Man kann in einer guten online-Publikation des (deutschen) Umweltbundesamtes nachlesen, welche Probleme und Gefahren mit CCS verbunden sind. Und das sind nicht wenige und keine banalen. Zusammengefasst und kurz und bündig:

Die Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund – sei es an Land oder im Meeresuntergrund – soll dem Klimaschutz dienen. Die gesetzlichen Vorschriften verlangen, den vollständigen und dauerhaften Verbleib des Kohlendioxids im Untergrund. Im Falle von Leckagen kann es zu schädlichen Wirkungen auf das Grundwasser und den Boden kommen.

CCS als Technologie

Zunächst: durch CCS wird von Verbrennungsmotoren nicht kein CO2 emittiert, sondern bloß weniger. Elektromotoren, deren Strom ein „grüner“, nicht-fossil-verbrannter ist, sind da eindeutig überlegen.

Dann:

Problematisch ist vor allem der enorme zusätzliche Energieaufwand für die Abscheidung, den Transport und die Speicherung.

Wir brauchen für CCS also zunächst viel nicht-fossilen Strom: CCS benötigt Energie. Wir werden also um den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft nicht herumkommen, wenn wir CCS betreiben – ganz im Gegenteil. Und:

Einen effektiven Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels kann die Speicherung von CO2 nur leisten, wenn das eingelagerte CO2 dauerhaft und vollständig in den Speichern verbleibt.

Woran erinnert mich denn das? Ach ja: das ist ja beim Atommüll genau gleich. Wir lagern eine Art „Gift“ im Boden ein und hoffen, dass das Zeug dort bleibt.

3 Strategien für die Reduktion von Treibhausgasen

Der Artikel des deutschen Umweltbundesamts macht klar:

Hierfür [für die Vemeidung von Treibhausgasen, Anm. mb] stehen grundsätzlich drei Strategien zur Verfügung:

1. Vermeidung durch reduzierten Verbrauch von Produkten oder reduzierte Aktivitäten, die zu Treibhausgasemission führen,
2. das Ersetzen (Substitution) von treibhausgasintensiven durch treibhausgasneutrale oder treibhausgasarme Techniken und Produkte
und
3. Senken, also die Entnahme von bereits emittiertem ⁠CO2 aus der Atmosphäre.

Brunner betätigt sich argumentativ da im Punkt 3. Aber es sollte klar sein: zunächst sollte man – Punkt 1 – Emissionen vermeiden, indem man emittierende Aktivitäten vermeidet (auf sie verzichtet oder sie verbietet). Dann – Punkt 2 – sollte man „treibhausintensive“ durch „treibhausneutrale“ (oder wenigstens „treibhausarme“) Technologien ersetzen – und erst dann geht es um CCS.

Ganz klar macht das das Umweltbundesamt etwa hier:

Die Erschließung von Senken für CO2, unabhängig ob natürlich oder technisch, wird eine notwendige Ergänzung sein und stellt keinen Ersatz für Vermeidung und Substitution dar. Senken sind jedoch physikalisch in ihrer Kapazität begrenzt und generell mit einer höheren Inanspruchnahme von Flächen-, Wasser- oder Energieressourcen verbunden. Auch technische Senken, wie ⁠CCS⁠, sind global nur begrenzt verfügbar und, wie oben beschrieben, mit Umweltrisiken verbunden. Senken als Beitrag zum ⁠Klimaschutz⁠ sollten also in allen Bereichen, wo Vermeidung und Substitution technisch möglich sind, nicht berücksichtigt werden. Dies betrifft die Gesamtheit der energiebedingten Treibhausgasemissionen in der Industrie, in Gebäuden und im Verkehr.

Zusammenfassung

Minister Brunner liegt nicht völlig falsch. Er hat eine Ahnung. Aber er propagiert mit CCS etwas, was gravierende Risiken kennt und was trotzdem womöglich notwendig werden wird, wenn die elementaren Strategien des Klimaschutzes zu wenig greifen. Aber er widmet sich dem dritten Schritt, ohne die ersten beiden, die wirklich wichtigen und unabdingbaren, überhaupt schon getan zu haben.

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