Veröffentlicht in Privates, allgemein

Ein neuer Beamer und eine Installation

Vorspann

Wir – wir sind zu dritt – brauchten einen neuen Beamer: der sicher schon über 10 Jahre alte hatte leider spontan seinen Geist aufgegeben. Meine Frau kaufte einen neuen – und dann begannen nervenzerfetzende und frustrierende Stunden der Installation.

Es hat in der EDV Zeiten gegeben, in denen viel schwierig war, weil jeder Konzern seine eigenen Anschlüsse, seine eigenen Normen, seine eigene Technologie verwendete. Man musste auf „Kompatibilität“ achten. Nicht alles war mit allem kompatibel. Eine spezielle Rolle dabei spielte Apple.

Das bewährte sich langfristig nicht. Die Konzerne kamen drauf, dass man allgemeine Standards brauchte. Einer davon – der „Universal Serial Bus“, kurz USB – löste für viele Jahre viele Probleme. Es kam so etwas wie „plug & play“: man steckte ein Gerät an und es lief. Beamer, externe Festplatten, sticks – whatever. In dieser Zeit lebte ich noch – bis gestern.

Gestern verlangte der neue Beamer einen komplizierten Installationsprozess. Der verlangte u.a. den „Google Assistant“ am Handy, eine Google-Mail-Adresse und eine aufrechte Internetverbindung. Ich habe keine Google-Mail-Adresse, ich brauche (an sich) keine und will auch keine. Jetzt hätte ich eine gebraucht.

Wir gaben den Beamer zurück und bekamen eine entsprechende Gutschrift. Abgesehen vom Gerenne also alles okay. Aber dann passierte etwas, das ich letztlich in einem Schreiben an den Kundenservice des lokalen Elektronik-Dealers zusammenfasste:

Das Schreiben (anonymisiert)

Sg. Damen und Herren,

meine Frau hatte gestern im Ihrem Geschäft einen Beamer (XGIMI Halo+) gekauft, dem bei der Installation des Geräts keine Projektionen zu entlocken waren. Das Gerät schickt den Kunden in einen komplizierten Installationsprozess, bei dem der Google Assistant aufzurufen ist, der aber nicht hilfreich war. (Er forderte uns z.B. zu einer Eingabe in einer Liste auf, wo keine Liste erkennbar war.) Wir wollten einen Beamer, der nach dem Prinzip „plug & play“ an einen PC anzuschließen war und vom PC als zweiter Bildschirm erkannt wird. Wir waren in diesem Installationsprozess zu dritt: meine Frau als Kundin; ich bin ehemaliger Informatik-Lehrer; ein Freund von uns ist Techniker und ehemaliger Technik-Beauftragter eines großen Unternehmens.

Wir haben das Gerät dann ca. 3 entnervende Stunden später zurückgebracht und eine entsprechende Gutschrift erhalten. So weit so gut.

In der Computerabteilung Ihres Geschäfts versicherte man uns, dass ein Gerät, wie wir es suchen, derzeit nicht erhältlich sei, allenfalls in der TV-Abteilung.

In der TV-Abteilung fanden wir Ihren Mitarbeiter G. J., der unser Problem schnell verstand und an einem Schaugerät kompetent demonstrierte, wie die Installation (in ca. 20 Schritten!) zu bewerkstelligen war. Auf meine Frage, ob er das auch bei dem von uns gerade retournierten Gerät durchführen könne, bejahte Herr J. und führte das dann auch durch: Sie haben in Herrn J. einen überaus kompetenten, geschickten, zuvorkommenden und freundlichen Mitarbeiter.

Wir haben darauf mit der Gutschrift unser gerade retourniertes Gerät noch einmal gekauft und sind damit nun zufrieden. Ich habe daraus gelernt, beim Kauf von Geräten auf das Prinzip „plug & play“ zu achten und jeweils nach der Komplexität des Installationsprozesses zu fragen. Ich finde es geradezu unverantwortlich, einen Kunden durch einen praktisch undokumentierten, mit Werbevideos durchsetzten mehrschrittigen Installationsprozess zu schleusen, der ein Google-Konto und eine aufrechte Internet-Verbindung voraussetzt. Diese Kritik geht allerdings nicht an Ihr Geschäft, sondern an den Hersteller des Geräts.

Mit freundlichen Grüßen
michael bürkle

Ich habe dem Kundenservice dieses Unterhaltungselektronik-Dealers dieses Schreiben geschickt, natürlich nicht anonymisiert. Ich hoffe, es schadet Herrn J. nicht und ich weiß nicht, ob es Herrn J. recht wäre, wenn wir ihn hier öffentlich loben.

Warum könnte es Herrn J. schaden? Der Geschäftsführer könnte auf die Idee kommen, dass Herr J. unverantwortlich viel Zeit für Kundenbetreuung aufwendet. Das war im konkreten Zusammenhang allerdings nicht der Fall. Erstens war Herr J. ziemlich flott und brauchte nicht allzu viel Zeit und zweitens waren wir die einzigen Kunden weit und breit.

Sukkus

„plug & play“ war offenbar gestern (und ist vielleicht wieder übermorgen). Heute (und vermutlich noch morgen) sind wieder Konzerne im Spiel, die abhängige Kunden wollen, denen man während eines völlig unnötigen bzw. völlig unnötig komplizierten Installationsprozesses noch ein paar Werbevideos unterjubeln kann.

Ich denke, es tut sich eine Marktlücke auf für Firmen, die sich auf die Technik konzentrieren und den Kunden und die Kundin in Ruhe lassen.

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